19.02.2024 | Wirtschaft, Stadt, Gewerkschaften, Vereine, Verbände, Jugendorganisationen, Kirchen und Parteien: Gemeinsam setzte am Sonntag ein breites gesellschaftliches Bündnis in Wolfsburg bei einer Großdemonstration auf dem Rathausplatz ein starkes Ausrufezeichen für Demokratie und Zusammenhalt. Zu der vom "Schulterschluss der Wolfsburger Demokrat*innen" organisierten Kundgebung kamen nach Schätzungen der Polizei rund 7.000 Menschen zusammen.
Gemeinsam mit dem "Schulterschluss" haben auch der Volkswagen Konzern und der Konzernbetriebsrat zu der Demo aufgerufen. Der Vorstandsvorsitzende des Volkswagen Konzerns Oliver Blume und die Konzernbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo sorgten so mit ihren Reden in Wolfsburg für ein Alleinstellungsmerkmal und eine Premiere: Erstmals seit Beginn der in Deutschland beispiellosen Demo-Welle für Demokratie, Vielfalt und Toleranz bezogen Spitzenvertreter eines Dax-Konzerns und deren Belegschaft öffentlich als Teil einer Demonstration gemeinsam Stellung. In ihren Beiträgen ließen sie keinen Zweifel: Grundvoraussetzung für gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Erfolg sind die bei Volkswagen gelebten Konzernwerte wie Vielfalt, Weltoffenheit und Toleranz.
Oliver Blume hielt dabei ein Plädoyer für gesellschaftlichen Zusammenhalt: "Nur wenn wir alle an einem Strang ziehen, werden wir für unsere Kinder ein lebenswertes Land gestalten. Ausgrenzung ist hier fehl am Platz! Es geht darum, sich gegenseitig zu respektieren und zu unterstützen. Heute setzen wir gemeinsam in Wolfsburg dieses Zeichen. Jede Bürgerin und jeder Bürger, der sich engagiert, der aufsteht, der Position bezieht, verdient eine große Anerkennung."
Auch Daniela Cavallo machte deutlich, dass es bei den gegenwärtigen Demonstrationen darum gehe, gemeinsame Grundwerte zu verteidigen und klare Grenzen zu ziehen: "Es ist unserer Belegschaft ein großes Anliegen, dass unser Unternehmen hier heute ein Zeichen setzt. Der Volkswagen-Familie geht es um Folgendes: Auch unsere Kolleginnen und Kollegen stehen politisch auf einem breiten Feld. Das ist ganz normal und auch wichtig in einer Demokratie. Aber dieses Spielfeld, auf dem wir stehen, das hat klare Grenzen. Und wir haben uns heute hier in Wolfsburg versammelt, um diese Grenzen abzustecken!"
Damit sich diese Grenzen nicht weiter verschieben, sei es wichtig klare Kante zu zeigen und die Stimme zu erheben– "und zwar nicht nur auf der Straße, sondern wo immer uns Rassismus und Diskrimierung begegnen: in der Schule, im Betrieb, in der Gewerkschaft, der Stadtverwaltung, der Nachbarschaft und sogar der Familie", machte Flavio Benites, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Wolfsburg, in seiner Rede deutlich.
In die gleiche Kerbe schlug Gianna Leo, Metallerin und Vorsitzende der Jugend- und Auszubildenvertretung bei Volkswagen. "Wir müssen ohne Angst als Menschen unterschiedlich sein können. (...) Demokratie ist mehr als nur Wahlen – es geht auch darum, Respekt für die Meinungen anderer zu haben und für die Rechte aller Menschen einzutreten, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht oder ihrer Religion", betonte Leo.
Zuvor hatten bereits Gulnisa Tursun und Julia Kujawski (Jugendforum Demokratie leben und Jugendbeirat) deutlich gemacht, dass die Vielfalt gerade der jungen Menschen ein Gewinn ist, und Demokratie nicht heißt "ich will", sondern die Chance, mitzugestalten und die unterschiedlichen Perspektiven in Mehrheitsentscheidungen einzubeziehen. Sie wünschen sich auch für ihre eigene Zukunft ein demokratisches Land, das die Vielfalt eines jeden anerkennt.
Pastor Dr. Ulrich Lincoln und Mourthada Djemai warnten als Vertreter des Abrahamforums in ihren Reden vor Spaltung, erinnerten an dunkle Zeiten und hoben den Wert eines jeden Menschen mit seinen Träumen und Hoffnungen als unschätzbar hervor. Die Menschenwürde ist unantastbar.
Dem Rassismus die rote Karte zeigten die beiden VfL-Profis Marina Hegering und Yannik Gerhardt. Ihnen war es wichtig ein Zeichen für Demokratie und Zusammenhalt zu setzen. Wie man sich im Fußball Ziele setzt und sie in diversen Teams erreicht, so sollte auch eine vielfältige Gesellschaft an den demokratischen Grundwerten festhalten und gemeinsam wie auf dieser Demo daran arbeiten.
Die Jugendorganisationen der Julis, Jusos, JU, Grüne Jugend und Falken setzten zudem mit ihrem gemeinsamen Auftritt ein starkes Zeichen für Demokratie und Zusammenhalt.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Stadträtin Iris Bothe, die auch im Leitungskreis des Schulterschlusses vertreten ist. Zwischendurch gab es Musibeiträge des Braunschweiger Band-Projekts "If a bird".
Oberbürgermeister Dennis Weilmann, der die erste Rede des Tages gehalten hatte, zog nach der Demonstration eine positive Bilanz. "Wolfsburg hat heute im Schulterschluss ein deutliches Zeichen für Demokratie und das Miteinander in unserer Stadtgesellschaft gesetzt. Wir sind alle aufgerufen, den extremistischen Tendenzen entschieden entgegen zu treten, die unsere demokratischen Werte untergraben. Die Menschen in Wolfsburg haben jetzt gemeinsam genau das getan und das macht mich als Oberbürgermeister dieser Stadt stolz. Wir werden uns auch in Zukunft offensiv dafür einsetzen, dass Wolfsburg eine weltoffene und internationale Stadt bleibt."