Erfolgsgeschichten

ready4work und RVA

26.08.2014 | Edgar Sindojan ist 30 Jahre alt und ein erfolgreicher Unternehmer. Acht Mitarbeiter beschäftigt er in seinem Betrieb für Fahrzeuginnenausstattung in Parsau. Vor zwölf Jahren hätte das niemand Edgar Sindojan zugetraut. Damals suchte er eine Ausbildungsstelle – mit einem ziemlich schlechten Hauptschulzeugnis.

Bernd Osterloh, Vorsitzender des Fördervereins ready4work (1. v. l.), und Hartwig Erb, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Wolfsburg (3. v. l.) lassen sich von Firmenchef Edgar Sindojan (Mitte) das Nähen der Sitzbezüge erklären. Antonius Gkampaeridis sitzt an der Spezialnähmaschine.

RVA-Geschäftsführerin Elisabeth Krüger hilft mit Elan und Fantasie den Jugendlichen, die aus den verschiedensten Gründen zunächst keine Chance auf dem Ausbildungsmarkt bekommen haben.

Als Förderverein unterstützt ready4work seit zehn Jahren den RVA mit Spenden und Aktionen

„54 Absagen habe ich mir geholt“, erinnert er sich. Dass er die Kurve dann doch bekam, hat mit dem RegionalVerbund für Ausbildung (RVA) und dem Förderverein ready4work zu tun. Ja, sein Zeugnis sei wirklich nicht gut gewesen, räumt Sindojan ein. Als Jugendlicher habe er leider andere Dinge als die Schule im Kopf gehabt. Auch eine Lehrstelle in einer kleinen Autowerkstatt versiebte er. Dann hörte er vom RVA und stellte sich dort vor.

Der RVA unterstützt seit 1998 Jugendliche, die aus verschiedenen Gründen auf dem Arbeitsmarkt keine oder nur wenig Chancen haben. Als Förderverein unterstützt ready4work seit zehn Jahren den RVA mit Spenden und Aktionen. Vorsitzender von ready4work ist Bernd Osterloh. „Dieses ewige Klagen der Arbeit? geber, dass sie keine Azubis finden, war Grund für mich einzusteigen“, sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Volkswagen. „Der RVA zeigt, wenn man es richtig macht und junge Leute an der richtigen Stelle unterstützt, dann klappt das“, ist Osterloh überzeugt. Zu den rund 60 Betrieben und Organisationen, die bei ready4work Mitglied sind, gehört auch die IG Metall Wolfsburg. „Unser Interesse ist ein gut funktionierender Arbeitsmarkt. Der Staat fördert die Jugendlichen, die aus verschiedenen Gründen Startschwierigkeiten haben, zu wenig“, begründet Hartwig Erb, 1. Bevollmächtigter der IG Metall, das Engagement der Gewerkschaft.

Die Zahlen geben Osterloh und Erb Recht: Seit 1998 haben rund 2.300 Jugendliche durch den RVA einen Ausbildungsplatz bekommen, sie wären sonst durch das soziale Netz gefallen. Allein ready4work hat mit fast drei Millionen Euro Spenden rein rechnerisch fast 500 Ausbildungsplätze finanziert. Alle Ausbildungsplätze, die durch den RVA besetzt werden, müssen neu oder zusätz? lich geschaffen werden.

Unser Interesse ist ein funktionaler Arbeitsmarkt

Dana Gutberlet absolviert zurzeit ihre Lehre als Restaurantfachfrau. Die 24-Jährige hatte eine Ausbildung begonnen, dann wurde sie schwanger. Ihr Sohn ist mittlerweile vier und ihre Tochter zwei Jahre alt. Nicht einfach, mit zwei kleinen Kindern die Ausbildung zu managen. Der RVA fand eine Lösung: Die junge Mutter bekam bei der WBG (Wolfsburger Beschäftigungs gemeinnützige GmbH) eine Teilzeit-Ausbildungsstelle. „Ich bin 30 Stunden in der Woche im Betrieb, das klappt gut mit den Kindern“, berichtet sie. Das Restaurantfach sei einfach ihr Ding und sie sei sehr froh, durch den RVA den Wiedereinstieg gefunden zu haben.

Andere Jugendliche bekommen keinen Ausbildungsplatz, weil sie in Mathe oder Deutsch Schwächen haben. „Ihnen bieten wir gezielt Nachhilfe an, auch mal am Wochenende“, berichtet RVA-Geschäftsführerin Elisabeth Krüger. „Einige haben mit Alkohol oder Drogen Probleme gehabt. Für sie ist ein Wiedereinstieg in die Gesellschaft besonders schwer. Ohne Wohnung und schon etwas älter finden sie allein kaum einen Ausbildungsplatz“, sagt Krüger. Der RVA hilft dann schon mal einem jungen Menschen bei der Wohnungssuche. „Die Gesellschaft muss ihre pädagogische und gesellschaftliche Verantwortung wieder stärker erkennen“, fordert Krüger.

Der RVA arbeitet ausschließlich mit kleinund mittelständischen Betrieben. Damit ihr finanzielles Risiko überschaubar bleibt, schließen die Firmen mit dem RVA einen Vertrag. Die Jugendlichen unterschreiben ihren Ausbildungsvertrag direkt mit dem RVA. Durch den demografischen Wandel wendet sich zurzeit das Blatt langsam, die Chancen auf einen Ausbildungsplatz steigen wieder. „Es gibt aber noch genug junge Leute, die eine Ausbildung bei entsprechender Betreuung machen können und auch machen wollen“, betont Elisabeth Krüger.

Doch zurück zu Edgar Sindojan. Er fand 2003 dann mit Hilfe des RVA bei der Sitech GmbH einen Ausbildungsplatz. „Ich war sofort begeistert“, erinnert er sich. Nach der Ausbildung machte er sein Fachabitur und begann das Studium zum Betriebswirt. Parallel startete er das Unternehmen in Parsau. „Zunächst haben wir kleine Spezialaufträge übernommen, etwa einen Motorradsattel neu bezogen“, sagt Sindojan.

Mittlerweile besitzt er moderne Spezialmaschinen. „Wir wollen die besten Sitze bauen“, sagt er selbstbewusst. Unterstützt wird er unter anderem von Eugen Rohr und Antonius Gkampaeridis – beide haben durch den RVA und ready4work ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Osterloh und Erb sind sich einig: „Dafür lohnt sich unser Engagement.“

Die Gesellschaft muss ihre pädagogische und gesellschaftliche Verantwortung wieder stärker erkennen

Förderverein ready4work
Als Förderverein sorgt ready4work seit zehn Jahren zu einem großen Teil für die Finanzierung des RVA. Fast drei Millionen Euro Spendengelder wurden bereits eingesammelt. ready4work hat mehr als 400 Mitglieder, sowohl Privatpersonen (Jahresbeitrag 25 Euro) als auch Betriebe und Organisationen. Die IG Metall Wolfsburg war von Anfang an dabei. Auch die Erlöse von zahlreichen großen und kleinen von Metallern organisierten Aktionen – zum Beispiel das Fußballturnier Fair Play – gehen oftmals an ready4work.

RVA hilft unbürokratisch
RegionalVerbund für Ausbildung oder kurz RVA – der Name klingt sehr bürokratisch. Dabei hilft der Verein seit 1998 ganz unbürokratisch benachteiligten Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Der RVA betreut Jugendliche aus dem Raum Gifhorn, Helmstedt und Wolfsburg individuell bei allen Problemen während ihrer gesamten Ausbildungszeit. Der RVA bildet in mehr als 100 Berufen aus und arbeitet mit 13 verschiedenen Kammern zusammen. Seit 1998 haben rund 830 Partnerbetriebe mit dem RVA zusammen ausgebildet.

Fotos: Matthias Leitzke