Interview mit Stephan Wolf

18.12.2018 | Der bisherige stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Stephan Wolf wechselt ins Unternehmen. Für diesen Schritt tritt er mit Wirkung zum Jahresende von seinem Wahlmandat zurück. Stephan war es wichtig, zunächst die Kolleginnen und Kollegen zu informieren, bevor der Betriebsrat an die Öffentlichkeit geht. In diesem Interview erklärt er daher seine Beweggründe.

Stephan Wolf

Stephan, Du hast Dein Betriebsratsmandat und alle damit verbundenen Funktionen niedergelegt und erklärt, eine neue Aufgabe auf der Unternehmensseite zu übernehmen. Was hat es damit auf sich?

Stephan Wolf: "Diese Entscheidung fiel mir wirklich nicht leicht. Es liegt jetzt 30 Jahre zurück, dass ich als Vertrauensmann anfing. Ich habe mehrere Monate gebraucht, um mir ganz sicher zu sein, dass ich noch einmal etwas Neues machen will. Und jetzt kürzlich hat sich eine solche Chance aufgetan: Ich wechsele zum 1. Januar in die Service Factory in den Mobilitäts- und Umweltservice. Dieser Schritt heraus aus dem Betriebsrat ist mir nicht leichtgefallen. Ich habe lange darüber nachgedacht. Am Ende war es aber eine persönliche Entscheidung, bei der ich mir sehr sicher bin, dass sie richtig ist.“

Die Kollegen haben dich erste vor zehn Monaten gewählt – warum hörst Du jetzt so plötzlich auf?

Stephan Wolf: „Zunächst einmal ist mir folgendes wichtig: Ich habe mich über viele Jahre für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen eingesetzt. 1989 bin ich Vertrauensmann geworden, 2002 dann Betriebsrat. Seit 2006 war ich Mitglied im Betriebsausschuss und seit 2012 beziehungsweise 2013 dann auch Stellvertretender Vorsitzender beim Betriebsrat hier im Werk Wolfsburg sowie im Gesamt- und Konzernbetriebsrat. Alles in allem sind das also rund 30 Jahre in der Mitbestimmung. Und die haben mir immer Spaß gemacht und mir viel gegeben. Ich bin jetzt 52, habe beruflich also noch rund zehn Jahre vor mir. Da ist dann durchaus ein Punkt erreicht, an dem man Bilanz zieht und überlegt, wie es mit Blick nach vorne weitergehen soll.“

Mit Deinen 52 bist Du zehn Jahre jünger als Bernd Osterloh. Viele Kolleginnen und Kollegen haben damit gerechnet, dass Du einmal sein Nachfolger an der Spitze des Betriebsrates werden könntest.

Stephan Wolf: „Bernd Osterloh hat mir nach der jüngsten Betriebsratswahl angeboten, noch mehr Verantwortung in diese Richtung zu übernehmen – immer vorausgesetzt, der Betriebsrat hätte das entsprechend unterstützt. Ich habe mich jetzt aber dagegen entschieden.“

Warum?

Stephan Wolf: „Fest steht: Bernd wird den Betriebsrat auch die nächsten Jahre noch führen. Und er hat auch bereits angekündigt, über die nächste Betriebsratswahl hinaus weiter zur Verfügung zu stehen, sollte er danach gefragt werden und weiter den gewohnten Rückhalt haben. Dieses Signal von Bernd freut mich, ich halte das für wichtig für die Kolleginnen und Kollegen, die Kontinuität an der Betriebsratsspitze schätzen. Für mich persönlich heißt das dann aber auch: Mit Ende 50 wäre ich keiner mehr, der für einen Generationenwechsel stehen könnte. Ich wäre dann jemand für den Übergang. Diese Vorstellung gefällt mir nicht. Und die Kolleginnen und Kollegen hätten das auch nicht verdient. Ganz ehrlich: Dann würde es Zeit für jemanden, der dann auch mit der Perspektive deutlich über eine Wahlperiode hinaus antritt. Und daher habe ich jetzt meine Entscheidung getroffen. Ich wähle jetzt eine neue Herausforderung, die mich reizt und auf die ich mich nach 30 Jahren in der Mitbestimmung sehr freue. Mit Bernd habe ich früh und offen über diesen Schritt gesprochen. Und er respektiert das.“

Noch einmal zurück zu Deiner neuen Aufgabe: Warum genau die?

Stephan Wolf: „Vieles in den Aufgabenfeldern in der Service Factory habe ich bereits für den Betriebsrat schwerpunktmäßig begleitet. Ich habe unseren Innovationsfonds II gesteuert, der etliche Themen in diesen Bereichen gefördert hat. Beim Thema Nachhaltigkeit sind im Betriebsrat viele Fäden bei mir zusammengelaufen. Ich habe den Wandel in dieser Richtung mitgestaltet die ganzen vergangenen Jahre. Und daher bin ich auch überzeugt, dass mir das den Start in der neuen Funktion sehr erleichtert. Und etliches an meiner neuen Aufgabe hängt auch mit Technikthemen zusammen, für die ich mich schon immer begeistert habe. Die Mischung stimmt ganz einfach.“

Du wechselst jetzt auf die Unternehmensseite, musst Du Dich da umstellen?

Stephan Wolf: „Alle unsere Kolleginnen und Kollegen sind auf der Unternehmensseite. Wirtschaftlichkeit und Beschäftigungssicherung sind bei Volkswagen immer zwei Seiten derselben Medaille. Das ist die Arbeitsgrundlage für Management und Betriebsrat. Und dass sich Dinge rechnen müssen, damit sie nachhaltig Bestand haben, das muss man unserem Betriebsrat nun wirklich nicht beibringen. Daher sehe ich da in meiner neuen Rolle keine grundsätzlich neuen Vorzeichen. Es gilt, beides in Einklang zu bringen und Lösungen zu beschleunigen, die dem Rechnung tragen.“

Und privat – hast Du bald mehr Zeit für Deine Harley?

Stephan Wolf: „Ich werde auch in meiner neuen Aufgabe wohl kaum weniger Stunden die Woche arbeiten. Aber vielleicht gibt es in den Randzeiten und am Wochenende mehr Verlässlichkeit, nicht immer auf Abruf stehen zu müssen. Das wird meine Familie und meine Freunde freuen. Und ja, vielleicht sieht meine Harley auch öfter die Straße, das wird sich zeigen.“