Erklärung von Györ

Gewerkschafter üben Internationale Solidarität

30.09.2011 | Die Vertreter des Netzwerkes Mittel- und Osteuropa (MOE-Netzwerk) der Gewerkschaften an den internationalen Standorten des Volkswagen-Konzerns haben sich in einer Erklärung mit dem Protest der ungarischen Gewerkschaften gegen Gesetzesverschärfungen solidarisiert.

Die Erklärung des Gewerkschafter-Netzwerks im Wortlaut:

Erklärung von Györ

Wir, die Vertreter des Netzwerkes Mittel- und Osteuropa (MOE-Netzwerk) der Gewerkschaften an den internationalen Standorten des Volkswagen-Konzerns, solidarisieren uns mit dem Protest der ungarischen Gewerkschaften gegen die bereits verabschiedeten und noch geplanten Gesetzesverschärfungen in Ungarn.

Eine starke Demokratie und eine starke Wirtschaft brauchen starke und handlungsfähige Gewerkschaften und eine selbstbewusste Interessenvertretung der Beschäftigten. Verhandlungen auf Augenhöhe zwischen Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften sind die Basis einer funktionierenden Sozialpartnerschaft. Wer diese Basis in Frage stellt oder untergräbt, gefährdet den sozialen und gesellschaftlichen Frieden - nicht nur in Ungarn, sondern auch in Europa. Wir wenden uns insbesondere gegen

  • die Aushöhlung des Streikrechts,
  • die Ausgrenzung der Gewerkschaften bei Fragen wie dem Mindestlohn,
  • die uneingeschränkte Freiheit der Arbeitgeber bei der Umschichtung der Arbeitszeit, bei der Bewilligung oder Verschiebung der Urlaubszeit und bei der Kompensation von Überstunden und Feiertagsarbeit,
  • sowie die Einführung verbindlicher Verhaltensauflagen für abhängig Beschäftigte, nach denen sie auch außerhalb ihres Betriebes von allen Tätigkeiten Abstand nehmen sollen, die das Ansehen des Arbeitgebers beschädigen könnten.

Maßnahmen wie diese sind unserer Auffassung nach mit den europäischen Standards nicht zu vereinbaren. Wir kritisieren außerdem die massiven Einschnitte bei den Arbeitnehmerrechten und im ungarischen Sozialsystem.

Wir wenden uns insbesondere gegen

  • den "ungarischen Arbeitsplan", der nicht nur für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger eine Art Zwangsdienst bedeutet, sondern auch gleichzeitig das landesweite Lohnniveau gefährdet,
  • die Möglichkeit, Beschäftigte während einer Erkrankung zu kündigen, was den sofortigen Verlust des Krankengeldes zur Folge hat,
  • die Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes von 270 auf 90 Tage, sowie die Aufhebung des Kündigungsschutzes für Schwangere und alleinerziehende Elternteile.

Als europäische Kulturnation und Mitglied der Europäischen Union steht Ungarn in der Tradition der Sozialpartnerschaft und einer Politik des sozialen Ausgleichs. Als Gewerkschaften an den Standorten des Volkswagen-Konzerns in Mittel- und Osteuropa fordern wir die ungarische Regierung deshalb auf, umgehend mit den ungarischen Gewerkschaften in ergebnisoffene Verhandlungen über die bereits verabschiedeten und die geplanten Gesetzesverschärfungen einzutreten.

Den ungarischen Gewerkschaften wünschen wir bei ihren Protesten viel Glück und Erfolg und versichern ihnen unsere uneingeschränkte Solidarität!

Györ, den 24. September 2011

OZ KOVO VW SK (Slowakei)
IG Metall Wolfsburg (Deutschland)
SKODA AUTO a.s. OS KOVO CZ (Tschechien)
NSZZ "Solidarnosc" w Volkswagen Motor Polska Sp. z o.o. (Polen)
OM NSZZ "Solidarnosc" Volkswagen Poznan Sp. z o.o. (Polen)
Audi Hungaria - Unabhängige Gewerkschaft (Ungarn)
Audi Vasas (Ungarn)
NSZZ "Solidarnosc" SITECH Sp. z o.o. (Polen)
MPRA Volkswagen Kaluga (Russland)