Wolfsburger Schulterschluss vergibt erstmals einen Preis

Ernesto Cardenal für sein Lebenswerk geehrt

14.03.2015 | Wolfsburg - Ernesto Cardenal ist am Freitag vom Schulterschluss der Wolfsburger Demokraten für sein Lebenswerk geehrt wurden. Der 95-Jährige beschrieb sich einmal selbst mit den Worten: "Ich bin Dichter, Revolutionär und Priester." Besser kann man den Mann, der sich immer seit vielen Jahrzehnten furchtlos für soziale Gerechtigkeit einsetzt, kaum beschreiben. Zu seiner Lesung mit Preisverleihung waren am Freitag mehr als 100 Besucherinnen und Besucher in die Christuskirche gekommen.

"Dieser Preis könnte mich stolz, gar Eitel machen. Er macht mich jedoch demütig, weil ich sehe, wie mein Leben sein könnte und was mich noch alles von meinen Zielen entfernt", sagte Cardenal in seiner Dankesrede an die Stadt, der Kirche und der IG Metall, die den mit 5000 Euro dotierten Preis möglich gemacht hatten.

"Wir hatten in den 70er Jahren in der IG Metall und anderen politischen Organisationen viele intensive Diskussionen darüber, wie sich diese Welt verändern muss, um Frieden und Solidarität zu sichern. Dabei spielte natürlich die Situation in Lateinamerika und damit auch die Befreiungstheologie eine gewisse Rolle", erinnerte Lothar Ewald, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Wolfsburg,  in seiner Rede.

Zuvor hatte Superintendentin Hanna Löhmannsröben vom Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen im Namen des Schulterschlusses der Wolfsburger Demokraten die Anwesenden begrüßt. Oberbürgermeister Klaus Mohrs hebt die Aktualität Cardenals hervor: "Ernesto Cardenal verknüpft gekonnt Religion mit aktueller Politik." Alia Hartmann von der Mexikanisch-Deutschen Gesellschaft Wolfsburg, die den Besuch von Ernesto Cardenale in Wolfsburg initiiert hatte, sprach einige Worte auf Spanisch.

Für Ernesto Cardenale nutzte die Preisverleihung, um auf ein aktuelles Problem in seiner Heimat Nicaragua aufmerksam zu machen: "Der Bau des interozeanischen Kanals würde Zerstörung für mein Land bedeuten. Dieser Preis soll dazu verhelfen, dass dieses Problem bekannt gemacht wird", sagte er.  "Die ganze Welt muss erfahren, was momentan in Nicaragua geschieht", sagte der 95-Jährige.  

Mit der uneingeschränkten Macht, die Präsident Daniel Ortega über unser Land ausübe, habe er dafür gesorgt, dass die Nationalversammlung an einem einzigen Tag ein Gesetz zum Bau des Kanals verabschiedet habe.

 Am Tag nach der Verabschiedung des Gesetzes sei in aller Eile die entsprechende Konzession vergeben, an einen bis dato unbekannten Chinesen. Er erhalte nur Rechte, müsse jedoch keinerlei Pflichten übernehmen.

Die lyrischen Beiträge Cardenals wurden von der Band Grupo Sal Duo mit Lateinamerikanischer Musik untermalt. Der Übersetzer Lutz Kliche, verschaffte Cardenal zu einer detailgetreuen lyrischen Stimme in deutscher Sprache.

Dechant Thomas Hoffman machte in seiner Laudatio auf die Vielfältigkeit Ernestos aufmerksam: "Er ist Kommunist, Priester, Revoluzzer, Lyriker in einem. Nur wirklich große Menschen können solche Gegensätze glaubhaft verkörpern. Er spricht vom Kosmos, von der Natur, von Menschen und von Gott. Dabei wirkt er alles andere als nett und schon gar nicht süß. Als Befreiungstheologe sieht er Gott in der Rolle Stellung zu den Missständen zu beziehen. Seine Poesie ist kraftvoll und schnörkellos direkt, um die Mächtigen anzuklagen. Seine Poesie will retten. Die wirkliche Revolution muss laut Cardenal manchmal gewaltsam sein, weil Machthaber ihre Macht dem Volk nicht freiwillig übergeben."