Schlaglichter - Gewerkschaften in China

Unabhängige Gewerkschaften sind verboten

Unabhängige Gewerkschaften sind in China verboten. Sie werden unterdrückt, ihre Funktionäre inhaftiert. Das Gewerkschaftsgesetz von 1992 untersagt die Gründung von Gewerkschaften, die von den Behörden und der regierenden Partei unabhängig sind.

Das Gesetz sieht ein Gewerkschaftsmonopol vor. Der einzig legale Dachverband ist der Allchinesische Gewerkschaftsbund (ACGB). Er ist Teil des Apparats der regierenden Partei, deren Politik er umzusetzen hat. In dem Gesetz heißt es, dass es auf jeder Organisationsebene lediglich eine Gewerkschaft geben darf. Alle Gewerkschaften müssen vom ACGB gebilligt werden und seiner Führung unterstehen.

Das Gesetz definiert die Ziele der Gewerkschaften:

  • die Arbeit regeln mit Blick auf Verbesserung der Arbeitsproduktivität und der wirtschaftlichen Effizienz
  • aktive Rolle bei der sozialistischen Modernisierung; unter Federführung der KP China
  • im Konfliktfall Vermittler zwischen Beschäftigten und Betriebsleistung

Der Allchinesische Gewerkschaftsbund (ACGB)

Die Satzung des ACGB (von 1993) definiert Gewerkschaften als Verbindung und Brücke zwischen der KP China und den arbeitenden Massen und Vertreter der Interessen von Gewerkschaftsmitgliedern und Nichtmitgliedern" Wichtige Funktionäre werden von der Partei ernannt. Sie sind verpflichtet: die einheitliche Führung der KP standhaft aufrecht zu erhalten.
Auf allen Ebenen sollten die Gewerkschaften "ein hohes Maß an Einstimmigkeit mit der Partei bekunden".

In China gibt es auch kein Streikrecht. Das Streikrecht wurde 1982 aus der chinesischen Verfassung gestrichen. Begründung: Das politische System habe "die Probleme zwischen dem Proletariat und den Unternehmenseignern beseitigt". Konflikte sollen mittels Vermittlung, Schlichtung und Anrufung eines Arbeitsgerichtes beigelegt werden.

Der Internationale Bund Freier Gewerkschaften (IBFG) behauptet, Arbeitgeber werden bei Arbeitskonflikten von den Schlichtungsausschüssen einseitig bevorzugt behandelt, da es häufig Überschneidungen gibt zwischen Betriebsleitung, örtlichen Parteikadern und Regierungsbeamten

Anfang 1997 hat der Staatssicherheitsdienst der KPCh Richtlinien für die Gewerkschaftenerlassen zur Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Ordnung:

Gewerkschaften haben danach während eines Arbeitskonfliktes, die Betriebsleiter sowie Partei und Regierung mit Blick auf die Wahrung der öffentlichen Sicherheit zu unterstützen.

1995: Neues Arbeitsgesetz in Kraft

1995 ist ein neues nationales Arbeitsgesetz in Kraft getreten. Er beinhaltet unter anderem:

  • formelle Arbeitsverträge für alle Beschäftigte in allen Arten von Unternehmen
  • Einrichtung von Arbeitsschiedsgremien und Arbeitsinspetionsabteilungen, um Streitigkeiten beizulegen und Einhaltung der Arbeitsbestimmungen zu gewährleisten
  • Beschäftigte in allen Arten von Unternehmen können Arbeitsverträge im Rahmen von Tarifverhandlungen aushandeln
  • Unternehmen können Beschäftigte ohne staatliche Genehmigung aus wirtschaftlichen Gründen entlassen

Das Arbeitsgesetz schränkt allerdings freie Tarifverhandlungen ein. Lokale Arbeitsbehören müssen diese Tarifvertrag billigen. Au§erdem gilt nach wie vor das gewerkschaftliche Monopol des ACGB.

Die Zahl der Arbeitskonflikte hat seit 1992 kontinuierlich zugenommen - durchschnittlich um 50 Prozent pro Jahr.

In einigen Großbetrieben gibt es Betriebsausschüsse, in ihnen sitzen ACGB-Funktionären, Vertreter örtlicher Arbeitsbehören und Mitarbeiter des Staatssicherheitsbüros der Kommunistischen Partei. Ihr Ziel: nicht genehmigte Arbeitnehmer-Aktionen zu überwachen und zu vereiteln. Viele Unternehmen verfügen - nach IBFG-Informationen - sogar noch über Inhaftierungseinrichtungen. Sicherheitskräfte können Beschäftigte festhalten und bis zu drei Jahren Arbeitslager verurteilen.

Gewerkschaft im Umbruch ?!


Die wirtschaftliche Entwicklung Chinas wird von einer kaum vorstellbaren Dynamik geprägt. In nur wenigen Jahrzehnten ist aus einem unterentwickelten Bauernland eine wichtige Industrienation geworden. China ist Boomland. Weltkonzerne und nationale Regierungen buhlen um Aufträge und Marktanteile.

Der "sozialistische Kapitalismus" - wie es Chinas Reformpolitiker Deng einmal formulierte - verändern sich auch die gesellschaftlichen Verhältnisse. Auf dem 13. Kongress des ACGB (1998) wurden die massiven sozialen Folgen der Wirtschaftsreformen für die Arbeitnehmer und die daraus entstandenen Spannungsfelder zwischen Partei, Gewerkschaften und Arbeitnehmer angesprochen: Massenentlassungen in den staatlichen Betrieben, Umbau der sozialen Sicherungssysteme, Verhalten in ausländischen Unternehmen mit anderen Managementpraktiken und Sozialstandards.

Das veränderte Arbeitsrecht weist den Gewerkschaften plötzlich die Rolle zu, in privatisierten Betrieben Tarifverhandlungen zu führen. Darauf sind die chinesischen Gewerkschaften überhaupt nicht vorbereitet.

(April 2005)