29.10.2021 | Mit ihrem bundesweiten Aktionstag am 29. Oktober 2021 setzen Metallerinnen und Metaller in ganz Deutschland ein Zeichen für einen sozialen, ökologischen sowie demokratischen Wandel. „Die kommende Bundesregierung muss die drängenden Fragen unserer Zeit angehen. Im Zentrum der Sondierungsgespräche muss stehen: Wie können wir den Industriestandort Deutschland in eine sichere, wettbewerbsfähige und klimaschonende Zukunft navigieren? Im Mittelpunkt müssen die Beschäftigten stehen, die unmittelbar mit der Transformation und ihren Folgen konfrontiert sind. Es geht um die Sicherung hunderttausender Arbeitsplätze und die Schaffung neuer, krisensicherer, guter Beschäftigungsverhältnisse!“, erklärt Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall Niedersachen und Sachsen-Anhalt.
Der Gewerkschafter hebt hervor, dass die kommende Legislatur die entscheidenden Weichen für die industrielle Zukunft Deutschlands lege: „Dahingehend ist es heute ein tolles Zeichen gewesen, dass allein 7.000 Metallerinnen und Metall in unserem Bezirk ein Zeichen an die Koalitionäre in Berlin setzen wollen!“. Im IG Metall Bezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt haben sich zu Kundgebungen und Aktionen zahlreiche Teilnehmende u.a. in Hannover, Wolfsburg, Osnabrück und in Sachsen-Anhalt, beispielsweise in Magdeburg, zusammengefunden.
In seiner Rede am Aktionstag bei der Kundgebung in Wolfsburg untermauert Gröger die Forderungen der Gewerkschaft: „Wir brauchen in Transformation Sicherheit für die Beschäftigten. Auch um gesellschaftliche und betriebliche Akzeptanz der Kolleginnen und Kollegen zu erhalten, müssen im Wandel Entlassungen ausgeschlossen werden. Vor diesem Kontext fordern wir die Einführung eines Transformationskurzarbeitergeldes, das den Lohnersatz und die finanzielle Förderung für eine berufliche Weiterbildung während der Kurzarbeit gewährleistet, um Entlassungen zu vermeiden und die Beschäftigten auf neue Aufgaben zu qualifizieren. Ferner sollte eine Ausweitung des ALG I-Bezugs auf 24 Monate vorgenommen werden!“.
Klar sei auch, dass die anstehende Transformation ohne große Investitionsvolumen staatlicherseits nicht zu stemmen seien: „Wir reden hier nicht von Peanuts, sondern einem der größten Investitionsvorhaben der deutschen Geschichte. Vorhaben klingt in diesem Kontext jedoch zu obligatorisch, wir reden von Investitionsnotwendigkeiten, um die Transformation nachhaltig zu gestalten. Dafür sind rund 500 Milliarden Euro notwendig!“, so Gröger weiter. „Gleichzeit muss klar sein, dass staatliche Förderung von Forschung, Investitionen und Infrastruktur nur bei verbindlichen Investitions- und Beschäftigungszusagen für deutsche Standorte kann. Industrielle Wertschöpfung muss an deutschen und europäischen Standorten entstehen – über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, von Forschung und Entwicklung bis zu Produktion und Montage.“ Mit Blick auf die Europäische Union sagt er: „Wir sehen in der aktuellen Halbleiterkrise, dass globale Abhängigkeiten für unseren Industriestandort gefährlich sein können. Wir sollten schnellstmöglich europäisch Vorhaben wie die Ausweitung und Förderung von Schlüsselindustrien angehen, beispielsweise bei Halbleitern, aber auch bei Batteriezellen oder Wasserstoff!“
Doch nicht nur Investitionen in die unmittelbare Industrie, sondern auch in die öffentliche Infrastruktur seien unabdingbar: „Beispielhaft ist hier die Mobilitätswende zu nennen. Im Kampf für mehr Klimaschutz ist eine CO2-freie Mobilität perspektivisch alternativlos. Dazu braucht es einen Turbo für die Ladesäuleninfrastruktur, sonst können Ladeinfrastruktur und Hochlaufen der E-Mobilität nicht Schritt halten. Für Bereiche wie Nutzfahrzeuge, Luftverkehr oder die maritime Wirtschaft brauchen wir eine Offenheit für alternative CO2-freie Antriebe auch jenseits der Batterieelektrik!“. Doch ohne Schritte zu einer erfolgreichen Energiewende durch verbindliche Ausbaupfade der regenerativen Energieerzeugung und der dafür notwendigen Netz- und Speicherinfrastruktur kann dies nicht gelingen. „Deswegen heißt es: Den Ausbau der regenerativen Energien massiv zu beschleunigen. Bis 2030 müssen 70 Prozent des Energiebedarfs durch regenerative Energien gedeckt werden. Dies verlangt einen verbindlichen Mehrausweis von Flächen und eine Beschleunigung des Planungsrechts beim Ausbau von Netz und Speicher. Zudem müssen wir den Strompreis für die Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich senken!“
Auch abseits von industrie- und finanzpolitischen Forderungen hat die IG Metall klare soziale Erwartungen an die kommende Regierung: „Wir erwarten, dass die Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren dauerhaft ermöglicht wird. Eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters würde für viele weitere Rentenkürzungen bedeuten. Das ist weder sozial gerecht, noch der Akzeptanz und positiven Gestaltung des Wandels förderlich. Wilden Fantasien der Absenkungen des Rentenniveaus oder der Lebensarbeitszeit erteilen wir strikt eine Absage!“.
Um die soziale Schere nicht weiter auseinanderdriften zu lassen sei es zudem notwendig, „dass die Lasten fairer verteilt werden und Krisengewinner deutlicher zur Kasse gebeten werden. Klar ist doch, dass breitere Schultern auch mehr stemmen können. Nicht erst seit gestern wissen wir, dass es eine Reform des Steuersystems braucht. In einer neuen Regierungskonstellation sollte dieses wichtige Thema endlich vorne auf die Agenda gehoben werden. Den Spitzensteuersatz gilt es zu erhöhen und Gewinner der Corona-Pandemie sollten stärker zur Kasse gebeten werden. Kleinere sowie mittlere Einkommen müssen entlastet werden. Ferner brauchen wir die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer!“, erklärt der Bezirksleiter.
(Pressemitteilung des IG Metall Bezirks Niedersachsen und Sachsen-Anhalt)