20.07.2015 | Wolfsburg - "Leider musste ich als Kriegsgefangener auch an der Fabrik für die erste sowejetische Atombombe mit bauen. Heute gedenken wir am 6. August an den Atombombenabwurf auf Hiroshima." Gerhard Löwen wurde im Jahr 1923 im Dorf Wjasenskoje im heutigen Russland geboren.
Mit 16 Jahren beendete er seine Schullaufbahn mit der 7. Klasse und trat eine Lehrstelle als Gießer an, die er 1940 erfolgreich beendete. Nach dem Abschluss seiner Ausbildung wurde er im Stahl-Werk im Bezirk Saporoschje als Former eingestellt.
Als Löwens Vater starb, war er der einzige Verdiener in der Familie. Die ältesten drei Geschwister waren noch Schüler, dann gab es noch zwei kleinere Geschwister und dazu noch die kränkliche Mutter. So musste Löwen die siebenköpfige Familie auf sich nehmen.
Am 22. Juni 1941 kam die Nachricht vom Krieg mit Deutschland. "Der zweite Weltkrieg kam schnell bis zu unseren kleinen Dörfern in der Sowjetunion. Dazu muss man wissen, dass ich deutscher Abstammung bin", so Löwen.
Im August 1941 ist Löwen das letzte Mal bei seiner Mutter und seinen Geschwistern gewesen. Die von Deutschen bewohnten Dörfer am Ufer des Flusses Dnjepr, wo die Familie wohnte, wurden von der deutschen Wehrmacht besetzt, damit war der Weg zu den Verwandten abgeschnitten. Arbeit gab es keine. Die Werke brannten und die Geschäfte wurden geplündert.
Löwen musste sich im Kriegskommissariat melden, wo er all seine persönlichen Dokumente abgab. Ein Arzt untersuchte ihn und sagte "tauglich". In Begleitung von bewaffneten sowjetischen Soldaten wurde er abgeführt. Am 4. Oktober hieß es "Sachen packen" und "in Reihe aufstellen". Fünf Minuten später hieß es "Marsch" und so marschierte die gesamte Kompanie, bestehend aus deutschen Männern, bis ins damalige Stalingrad.
Das deutsche Militär rückte näher zum Fluss Wolga und das Bataillon wurde ins Perm-Gebiet abtransportiert, um dort den Bau eines Staudamms voranzutreiben. Der Tag hatte zwölf Arbeitsstunden. Täglich gab es Suppe aus grünen Kohlblättern mit nassem Brot. Hier erlebte Löwen das Kriegsende. Von den "Einundvierzigern", so wurden die deutschen Männer genannt, die 1941 in die Arbeitsarmee aufgenommen wurden, überlebten nur 20%.
Die Mutter von Löwen war inzwischen mit den anderen Geschwistern nach Kanada ausgewandert. Löwen wurde in den Kaukasus zu einem der schönsten Gebirgsseen der UdSSR gebracht. Dort wurden für Stalin einige Häuser sowie ein Restaurant und ein Atomschutzbunker gebaut. Auf dem Bau wurde Löwen für Vermessungsarbeiten eingeteilt. Mit Beendigung der Arbeiten im Jahr 1947 wurden die Männer in die Gegend von Tscheljabinsk an den Ural gebracht. Hier wurde ein geheimes Werk für die erste sowjetische Atombombe gebaut. Das Bauprojekt wurde mit Strom gesichert. Kein Hase kam lebendig durch den Zaun.
Im Frühling 1948 ging es schon wieder weiter in die Stadt Glasow in der Nähe zur Transsibirischen Eisenbahn, in der Uran-Erz für ein Kraftwerk gewonnen werden sollte. Dort arbeitete Löwen bis 1953 als Vermesser. Erstmals durfte er sich frei in der Stadt bewegen. "Was war das für eine Freude." Die Männer wurden in einem Kulturhaus einquartiert und jeder hatte ein eigenes Bett zur Verfügung.
Bei der Besichtigung seiner neuen Heimat, in der er sich nun frei bewegen durfte, traf er auf Luise Peters, die Löwen aus seinem Geburtsort Osterwick kannte. Einige Monate später wurde aus ihr Elisabeth Löwen.
Trotz der Eheschließung wurde Löwen mit den anderen Männern der ehemaligen Kompanie über fünf Jahre auf einer Stelle gehalten. Inzwischen waren sie nahezu alle Familienväter.
Im Sommer 1953 hieß es Sachen packen. Es ging nach Kirgisien, um auch dort in einem Kraftwerk zu arbeiten. Auch jetzt noch musste Löwen dort arbeiten, wo man ihn einsetzte. Zu dieser Zeit hatte das Ehepaar bereits Kinder, Helene und Peter. Wenig später kam auch Elsa zur Welt.
Nach einem Studium als Bautechniker von 1958-1961 zog die Familie 1968 nach Estland. Dies war der erste Umzug seit 1941, der nicht auf Befehl des Ministeriums des Inneren zurückzuführen war. Löwen wurde bei einer Baufirma als Bauleiter eingestellt.
Erst am 12. Mai 1976 erhielt die Familie Löwen eine Ausreisegenehmigung mit ständigem Wohnsitz in Deutschland. Wenig später landeten sie in Frankfurt am Main. Löwen arbeitete daraufhin unter anderem viele Jahre im Volkswagen Werk Wolfsburg. Seine Frau ist inzwischen verstorben, aber seine Kinder sind für ihn da.
Siegfried Lorenz war bereits vor 1945 Gewerkschaftsmitglied
Siegfried Lorenz wurde im Jahr 1927 geboren und trat 1945 in die IG Metall ein, somit ist er Gründungsmitglied von 1946. Bereits zuvor war er Mitglied in der kaufmännischen Gewerkschaft.
Lorenz lebte lange Zeit im rumänischen Bra?ov (deutsch Kronstadt). Sein Vater stammte aus dem Schwarzwald und arbeitete an der deutschen Botschaft in Rumänien.
In Bra?ov lernte Lorenz auch seine Frau kennen und wurde Vater von zwei Töchtern. Als Beamter arbeitete er in einer Fabrik zur Herstellung von Kugellagern. 1974 zog er nach Wolfsburg, um in der Nähe seines Bruders leben zu können, der bereits in der VW-Stadt wohnte. Lorenz arbeitete zunächst als Buchhalter bei Volkswagen. Später baute er als Leerenschleifer in der Fertigung mit am Käfer. 1977 kam seine Frau mit den beiden Töchtern nach. Heute lebt er mit seiner Frau im Hohenstein.