Heribert Prantl blickt auf die Zukunft der Arbeit und Gewerkschaften

30.03.2023 | Journalist und Autor referiert bei „Wolfsburger Gesprächen“. Digitalisierung, Transformation, KI und Fachkräftemangel stehen im Fokus.

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Heribert Prantl

Eines kann Prof. Dr. Heribert Prantl gar nicht leiden: Gejammer. Diese leider oftmals typisch deutsche Art mit Veränderungen umzugehen, helfe bei der Bewältigung von Transformation, Digitalisierung und Fachkräftemangel kein bisschen, machte der renommierte Journalist und Autor im Rahmen seines Vortrags bei den „Wolfsburger Gesprächen“ deutlich. Statt also zu jammern, präsentierte Prantl auf Einladung der IG Metall, des Kirchenkreises Wolfsburg-Wittingen und der Ingenieurkammer Niedersachsen seine eigene, konstruktive Sicht auf den Wandel und seine Vision für die Zukunft von Arbeit und Gewerkschaften.

Prantl ging die großen Themen dieser Zeit dabei erfrischend optimistisch an. Transformation sei schließlich nichts Neues. Welt und speziell Arbeitswelt befänden sich schließlich seit der Industrialisierung im stetigen Wandel. „Berufe wurden immer wieder von Maschinen ersetzt“, stellte Prantl fest. Gleichzeitig aber entstanden neue Jobs. Das sei auch mit der Digitalisierung nicht anders -  trotz rasanter, für viele beängstigender Fortschritte bei der Künstlichen Intelligenz. „Auch die KI ist nicht der Heilige Gral“, beruhigte Prantl.

Der Schlüssel in der erfolgreichen Bewältigung der Digitalisierung liegt für Prantl darin, all ihre Errungenschaften als das zu betrachten, was sie sind: Ein Werkzeug in der Hand des Menschen. „Es braucht Ingenieure statt Influencer“, sagte Prantl.

Doch woher die Fachkräfte nehmen? Prantl sieht hier vor allem Bildung und Ausbildung gefordert. Denn: „Ich bin zwar ein Freund der Einwanderung. Aber Entwicklungsländern die Fachkräfte zu nehmen, wäre eine neue Art des Kolonialismus“, erklärt Prantl. Besser wäre es, das weibliche Beschäftigungspotenzial stärker zu nutzen. Dabei dürfe man aber nicht den Fehler machen, die bisherigen Arbeitsverhältnisse einfach zu duplizieren. Dann falle Privatleben und alles Soziale komplett hintenüber. Stattdessen müsse über neue, kreative Beschäftigungsformen wie beispielsweise die Vier-Tage-Woche nachgedacht werden. So biete die Digitalisierung am Ende auch die Chance auf eine „Humanisierung der Arbeitswelt“.

Das ist seit jeher die Aufgabe der Gewerkschaften. Doch einst stifteten das gleichzeitige Erleben der (schlechten) Arbeits- und Lebensbedingungen eine gemeinsame Identität und damit Zusammenhalt. In Zeiten der Digitalisierung, in Zeiten von „Cloud und Crowd“, hätten es die Gewerkschaften da schwieriger. Ausgedient haben sie deswegen noch lange nicht. Im Gegenteil: Prantls Vision für die Gewerkschaft ist transnational. „Ich sehe die IG Metall im besten Fall als globale NGO, die sich weltweit für faire Arbeitsbedingungen und Menschenrechte einsetzt. Es ist gewissermaßen die Renaissance der Internationalen Solidarität“, betont Prantl. Das neue Lieferkettengesetz ist ein erstes Zeichen, dass diese Zukunft begonnen hat, und ein klarer Auftrag für die Gewerkschaften.

Bei der Bewältigung der Transformation setzt Prantl sowieso auf IG Metall und Co.: „Gewerkschaften waren mit ihren Lösungen schon immer kreativer als die Politik. Ich habe das Gefühl, dass ist auch dieses Mal der Fall.“