Behinderte Menschen brauchen Inklusion, nicht nur in der Arbeitswelt

18.01.2023 | ​​​​​​​Demokratie, Mitbestimmung und Chancengleichheit gehören zum Arbeitsleben. Im Frühjahr 2022 wurden bereits die Betriebsräte neu gewählt. Zum Ende des Jahres wurden jetzt auch die Schwerbehindertenvertretungen gewählt. Sie sind angesichts alternder Belegschaften zum Durchsetzen von Rechten und Chancen unverzichtbar, sagt die Gewerkschaft IG Metall.

Anna-Katharina Völke

Nadine Mathias

Freddy Soika

Oliver Solies

Im Organisationsbereich der IG Metall Wolfsburg haben bisher 13 Betriebe ihre Schwerbehindertenvertretung gewählt. Insgesamt wurden 67 Vertrauenspersonen gewählt – dazu zählen 13 Schwerbehindertenvertreter*innen und 54 Stellvertreter*innen. Einige von ihnen haben selbst eine Behinderung.

Anna-Katharina Völke, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Wolfsburg, erläutert: „Gewählt werden kann eine Schwerbehindertenvertretung in jedem Unternehmen mit mindestens fünf anerkannt schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen. Die Schwerbehindertenvertretung vertritt die Interessen der behinderten Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber, sie setzt sich für passende Arbeitsbedingungen und mehr Arbeitsplatzsicherheit ein. Und das ist auch bitter nötig, denn Arbeit kann krank machen und das kann zur Kündigung führen.“

„Behinderungen sind oft nicht sichtbar“, sagt Nadine Mathias, Schwerbehindertenvertreterin von der Volkswagen Group Services GmbH. „Das öffentliche Bild von Menschen mit Blindenstock und Rollstuhl gibt nur einen kleinen Ausschnitt der Realität wieder. Rund fünf Prozent der Behinderungen sind angeboren, aber über 90 Prozent der Behinderungen werden im Laufe des Lebens erworben: durch Erkrankungen, Unfälle und Arbeitsbedingungen. In der Arbeitswelt bedeutet das, Menschen mit Behinderungen haben oft chronische Erkrankungen wie Rückenleiden, Diabetes, Depressionen oder Krebs. Je nach Ausmaß und Schwere kann den Betroffenen eine Behinderung oder Schwerbehinderung anerkannt werden.“

Oliver Solies, Schwerbehindertenvertreter von der Autostadt GmbH sagt: „In der modernen Arbeitswelt mit Leistungsstress und wachsenden beruflichen Anforderungen haben behinderte, ältere und kranke Menschen einen schweren Stand. Nicht erst seit der Krise trennen sich Arbeitgeber bevorzugt von denen, die vermeintlich weniger „Power“ haben. Deshalb brauchen die Schwerbehinderten eine starke Stimme.“

„Hier kommt die Schwerbehindertenvertretung zum Zuge“, sagt Patrick Kohl, Schwerbehindertenvertreter von der HCL Technologies Germany GmbH. „Die Schwerbehindertenvertretung wacht darüber, dass gesetzliche Schutzrechte wie der besondere Kündigungsschutz eingehalten werden, sie wirkt bei Personalentscheidungen mit und setzt sich bei Einstellungen für behinderte Bewerber*innen ein. Außerdem sorgt sie für möglichst optimale, behinderungsgerechte Arbeitsplätze und beantragt dafür Zuschüsse von Ämtern und Trägern. Als soziale Kompetenz im Betrieb berät die Schwerbehindertenvertretung behinderte Menschen individuell: beim Antrag einer medizinischen oder beruflichen Rehabilitation, dem Antrag auf Feststellung einer Behinderung und bei Arbeitsplatzproblemen.“

„Eine engagierte Schwerbehindertenvertretung ist ein Aktivposten bei der Bewältigung des demografischen Wandels“, sagt Freddy Soika, neu gewählter Gesamtschwerbehindertenvertreter der Volkswagen AG: „Denn auch in der Arbeitswelt werden die Menschen älter. Gemeinsam mit dem Betriebsrat macht sich die Schwerbehindertenvertretung für den Aufbau einer Gesundheitsförderung, eine bessere berufliche Weiterqualifizierung und die Gestaltung gesünderer Arbeitsbedingungen stark.“

Am Donnerstag, den 12.01.2023 empfing die IG Metall Wolfsburg anlässlich der erfolgten Schwerbehindertenwahlen alle neu- und wiedergewählten Vertrauensleute sowie ihre Stellvertreter zu einem Austausch im Gewerkschaftshaus in Wolfsburg. Es wurde angeregt diskutiert und die Erfahrungen der Wahl sowie der vergangenen Amtszeiten in den unterschiedlichen Betrieben ausgetauscht. Anwesend waren Vertreterinnen und Vertreter der Schwerbehinderten der Volkswagen Group Services GmbH, Volkswagen AG, CEVA Logistics GmbH, Sonae Arauco Deutschland GmbH, TI Automotive, Imperial Automotive Logistics GmbH und Autostadt GmbH.