Delegiertenklausur

Den Fairen Wandel fest im Blick: IG Metall Wolfsburg bereitet sich auf Gewerkschaftstag vor

27.02.2023 | Wolfsburg – Der Gewerkschaftstag kann kommen: Im Rahmen einer zweitägigen Delegiertenklausur hat sich die IG Metall Wolfsburg intensiv auf das höchste Entscheidungsorgan der Gewerkschaft, das im Oktober zusammenkommt, vorbereitet. Dabei haben auch Mitglieder des Vorstands sowie Bezirksleiter Thorsten Gröger und der stellvertretende VW-Betriebsratsvorsitzende Gerardo Scarpino wichtige Impulse geliefert.

(v.l.) Thomas Müller aus dem IG Metall Bezirk, Irene Schulz (Vorstand), Flavio Benites (Erster Bevollmächtigter IG Metall Wolfsburg), Jörg Hofmann (Vorsitzender), Christiane Benner (zweite Vorsitzende), Hans-Jürgen Urban (Bundesvorstand) und Matthias Disterheft (Geschäftsführer und Kassierer IG Metall Wolfsburg).

Debattenerfahren und selbstbewusst diskutierten die Delegierten in Hannover über die Zukunftshemen der IG Metall und deren politische Agenda für die nächsten vier Jahre. „Unsere Delegierten haben sich meinungsstark in die Debatte eingebracht und gemeinsam mit unseren politischen Sekretären viele wichtige Impulse für den Gewerkschaftstag geliefert. Dafür danken wir Ihnen herzlich. Jetzt gilt es, die Ergebnisse aus der Diskussionen in konkrete Anträge zu übersetzen“, sagte der Erste Bevollmächtigte Flavio Benites. „Als größte Geschäftsstelle in Deutschland wollen wir beim Gewerkschaftstag für unsere Region, unsere Betriebe und unsere 90.000 Mitglieder erneut starke Akzente setzen. Die Beteiligung unserer Basis durch unsere Delegierten ist dabei von großem Wert“, ergänzt der Zweite Bevollmächtigte Christian Matzedda.

Die Diskussion entspann sich dabei entlang vierer Leitfragen: Wie lässt sich die betriebliche und überbetriebliche tarifpolitische Gestaltungsfähigkeit stärken? Wie will und kann die IG Metall die Energie- und Mobilitätswende mitgestalten? Was braucht es, um die Beschäftigung und den Sozialstaat zukunftsfest zu machen? Und schließlich: Wie gelingt es, auch die IG Metall in die neue Zeit zu überführen? „Digitalisierung und Transformation bestimmen nicht nur die Arbeits-, sondern auch unsere Lebenswelt. Für uns als IG Metall muss es deswegen auch darum gehen, nicht nur den Wandel in der Branche aktiv mitzugestalten, sondern auch uns selbst als Organisation zu modernisieren und an die neuen Gegebenheiten anzupassen“, erklärt Geschäftsführer und Kassierer Matthias Disterheft.

Den Stellenwert der Wolfsburger Geschäftsstelle unterstrich der Besuch gleich vierer Mitglieder des IG Metall-Vorstands. Neben dem Vorsitzenden Jörg Hofmann und der zweiten Vorsitzenden Christiane Benner statteten auch die geschäftsführenden Vorstandsmitglieder Irene Schulz und Hans-Jürgen Urban den Wolfsburger Delegierten einen Besuch ab. Mit kurzen Vorträgen skizzierten sie die aus ihrer Sicht wichtigsten Aufgaben und Herausforderungen der kommenden Jahre.

Die Industrie müsse auch in Zukunft Millionen von Menschen in Europa gute Arbeit bieten. „Wir müssen den ökologischen Wandel und die Digitalisierung so vollziehen, dass keine unter die Räder kommt. Dafür brauchen wir Investitionen in Strukturen, aber vor allem auch in die Menschen“, benannte Jörg Hofmann die Herausforderungen der Transformation. „Volkswagen und die Zulieferer haben sehr schwierige Jahre hinter sich. Gemeinsam muss es uns gelingen, Stabilität und eine bestmögliche Planbarkeit zu vereinbaren“, sagte Gerardo Scarpino. Die Bedeutung der Weiterqualifizierung für eine erfolgreiche Transformation hob Irene Schulz hervor und plädierte für einen Ausbau der Bildungsarbeit der IG Metall.                                                                                                                                                                                                           

Für einen fairen, sozialen und ökonomischen Wandel braucht es eine starke Mitbestimmung, betonte Christiane Benner. „Dafür brauchen wir eine Runderneuerung des mittlerweile über 50 Jahre alten Betriebsverfassungsgesetzes. Dazu gehört auch endlich eine zeitgemäße Regelung für die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern. Wir wollen, dass Betriebsräte bezahlt werden, wie alle anderen Beschäftigten auch -  gemäß ihren Aufgaben, ihrem Verantwortungsbereich und ihren Qualifikationen“, sagte Benner.

Um die Herausforderung zu bewältigen, ist aber auch ein starker Sozialstaat notwendig. „In dieser Situation brauchen wir mehr Solidarität, nicht weniger. “, stellte Hans-Jürgen Urban klar und nannte die Weiterentwicklung der Rentenversicherung zu einer Versicherung für alle, sowie die Weiterentwicklung des Bürgergelds als Beispiele. „Wir brauchen mehr soziale Sicherung in unsicheren Zeiten“, brachte es Thorsten Gröger auf den Punkt. Für die Finanzierung des Sozialstaatausbaus forderte Gröger die Wiedereinführung der Vermögenssteuer.

Die Delegierten nutzen die Versammlung zudem für Solidaritätsbekundungen und weitere politische Forderungen. Mit Plakaten drückten sie den Erdbebenopfern und ihren Angehörigen in der Türkei und in Syrien auf Deutsch, Türkisch und Arabisch ihr Mitgefühl aus, forderten ein Ende des unsäglichen Krieges in der Ukraine und warnten eindringlich vor den Folgen des alarmierenden Abbaus von Ausbildungsplätzen in der Bundesrepublik.