Betriebsratswahlen bei VW: Damit Volkswagen Volkswagen bleibt

"Unser Stammwerk ist heute mit dem Golf stärker denn je"

26.02.2010 | Die IG Metall tritt bei der Betriebsratswahl vom 2. bis zum 4. März bei Volkswagen mit dem Slogan "Damit Volkswagen Volkswagen bleibt" an. 170 Personen umfasst die Liste 1 der IG Metall. 170 mal eine starke Stimme, wenn es gilt, die Interessen der Beschäftigten wirksam zu vertreten. WIR sprach mit Bernd Osterloh, dem Spitzenkandidaten der IG Metall-Liste über die vergangenen Erfolge und die künftigen Herausforderungen der betrieblichen Interessenvertretung bei Volkswagen.

Bernd Osterloh

WIR: Bernd, die IG Metall tritt zur Betriebsratswahl mit dem Slogan "Damit Volkswagen Volkswagen bleibt" an. Warum?

Ich habe nach dem Ende der Auseinandersetzung mit den Ex-Porsche-Vorständen Wiedeking und Härter auf der Betriebsversammlung als Dank für den Einsatz des Konzernbetriebsrates einen Glas-Quader geschenkt bekommen, auf dem genau dieser Satz stand. Daher kam die Idee, daraus unseren Wahlkampf-Slogan zu machen. Natürlich steht der Satz symbolisch für den Kampf gegen Wiedeking und Härter. Und vor allem für die Sicherung des VW-Gesetzes. Aber hinter "Damit Volkswagen Volkswagen bleibt" verbirgt sich eigentlich viel mehr. Nämlich der Erhalt und die Weiterentwicklung der qualifizierten Mitbestimmung bei Volkswagen.

Was haben unsere Kollegen denn von der qualifizierten Mitbestimmung?

Ich glaube, das haben die vergangenen vier Jahre gezeigt. Wir konnten den Verkauf unserer Komponentenbereiche, der von Ex-VW-Vorstand Bernhard geplant war, nur verhindern, weil wir eigene Konzepte entwickelt haben. Wir haben als IG Metall und Betriebsräte der IG Metall herausgearbeitet, dass die Hausanfertigung sehr wohl wirtschaftlich ist, dass sie sogar ein Wachstumsfeld ist, für Beschäftigung und Rendite. Durch die Komponentenvereinbarung, die wir durchgesetzt haben, sind letztlich 30.000 Arbeitsplätze gesichert worden. Heute zweifelt noch nicht mal mehr der Vorstand daran, dass unsere Strategie richtig war. Im Gegenteil: Alle sind sich darüber einig, dass unsere Komponente entscheidend zum Unternehmenserfolg beiträgt.

Das heißt, bei der qualifizierten Mitbestimmung geht es darum, sich fachlich fundiert für die Beschäftigungssicherung einzusetzen?

Genau das. Wir stehen als IG Metall traditionell für gute Tarifverträge. Das haben wir 2009 einmal mehr bewiesen, als es uns mitten in der Wirtschaftskrise gelungen ist, 4,2 Prozent Lohnerhöhung plus Einmalzahlungen, die beste Altersteilzeitregelung in Deutschland und die Übernahme der Auszubildenden durchzusetzen. Ein genauso gutes Beispiel ist aber die Integration der ehemaligen Auto 5000 in die Volkswagen AG. Auch das ging nur mit der IG Metall. Denn wir haben immer wieder gefordert, dass der Grundsatz "Ein Werk. Eine Belegschaft" gelten muss. Aber letztlich ist die Standort- und Beschäftigungssicherung genauso wichtig wie gute Lohnrunden. Als es 2006 bei Volkswagen wirtschaftlich schwierig war, haben wir etwas einzigartiges in dieser Republik durchgesetzt. Wir haben dem Unternehmen für alle sechs Standorte konkrete Produkt- und Stückzahlzusagen abgerungen. So konnten wir für Wolfsburg beispielsweise den Golf retten, den Wolfgang Bernhard am liebsten auch ins Ausland verlagert hätte. Unser Stammwerk ist heute mit dem Golf stärker denn je. Und auf dem Weg, die Nummer eins im Konzern zu werden. Dafür haben wir maßgeblich die Weichen gestellt. Das macht unsere Arbeitsplätze sicherer denn je.

Trotzdem wollt ihr jetzt die Beschäftigungssicherung über 2011 hinaus verlängern. Warum?

Weil diese Belegschaft es verdient hat, dass der Vorstand die gebrachte Leistung anerkennt. Für die Aktionäre steht immer nur die Rendite im Vordergrund. Das ist für uns als Beschäftigte aber deutlich zu wenig. Wir leben nicht von Gewinnen am Kapitalmarkt, sondern davon, dass wir durch unsere harte Arbeit, die wir Monat für Monat leisten, ein sicheres Einkommen haben. Deshalb verlangen wir Sicherheit, dass Volkswagen keine betriebsbedingten Kündigungen bis mindestens 2014 vornimmt, weil daran die Basis für unser Einkommen und das Leben unserer Familien hängt.

Ihr habt nicht zuletzt wegen der Sicherung der Beschäftigung als Betriebsrat von Volkswagen eine eigene Zukunftsstrategie auf den Weg gebracht. Sie heißt „mitbestimmen“. Stellt ihr damit die Strategie 2018 des Konzernvorstands in Frage?

Nein. Wir stehen hinter unserem Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn, wenn es darum geht, die Nummer eins weltweit zu werden. Aber diese grundsätzliche Einigkeit ändert nichts daran, dass wir einige Dinge anders sehen beziehungsweise andere Schwerpunkte setzen. Nehmen wir beispielsweise das Ziel des Vorstands "Wachsen ohne zu Wachsen". Der Vorstand meint damit eine Erhöhung der Produktion, ohne dass die Beschäftigtenzahl wächst. Grundsätzlich ist es richtig, wenn die Produktivität steigt, damit sich Volkswagen langfristig im Wettbewerb behaupten kann. Aber nicht zu Lasten der Beschäftigten.

Was sind Eure Alternativen?

Wenn wir wissen, dass die westeuropäischen Märkte stagnieren, dann müssen wir bei gleichzeitiger Produktivitätssteigerung neue Geschäftsfelder schaffen, um die Beschäftigung langfristig zu sichern. Genau das fordern wir vom Konzernvorstand in unserer Zukunftsstrategie ein. Die Blockheizkraftwerke, die im Werk Salzgitter gefertigt werden, sind ein gutes Beispiel. Sie sichern Beschäftigung, bringen eine anständige Rendite und sind umweltfreundlich. Bei 20.000 Entwicklern im Volkswagen Konzern gibt es mehr solcher guter Geschäftsideen, die Vorsprung durch Technik beinhalten. Die wollen wir umsetzen, um die Arbeitsplätze in Westeuropa langfristig zu sichern. Denn "Wachsen ohne zu Wachsen" darf doch am Ende nicht bedeuten, dass Arbeitsplätze in Boom-Regionen wie China aufgebaut und hier bei uns Jobs abgebaut werden. Das wird es mit der Liste 1 der IG Metall nicht geben. Deshalb brauchen wir weiterhin die qualifizierte Mitbestimmung, mit der wir Beschäftigte eigene Konzepte entwickeln können, um Beschäftigungsvernichtung zu verhindern.