METALL- UND ELEKTROINDUSTRIE IN NIEDERSACHSEN UND OSNABRÜCK-EMSLAND-GRAFSCHAFT BENTHEIM:

Tarifabschlüsse sichern Beschäftigung, Zuschuss zum Kurzarbeitergeld und regeln Unterstützung für Eltern

30.03.2020 | Hannover/ Osnabrück – Die IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt und der Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall konnten zwei Tarifabschlüsse für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie für die Tarifgebiete Niedersachsen und Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim erzielen. Die Tarifabschlüsse sehen unter anderem Regelungen vor, die in der Corona-Krise den Umgang mit Kurzarbeit und die Freistellung bei Engpässen in der Kinderbetreuung erleichtern.

Foto: Frank Rumpenhorst

Die Tarifvertragsparteien haben sich vor dem Hintergrund der Corona-Epidemie auf eine Einigung verständigt. Die Abschlüsse zeigen, dass die IG Metall auch in kritischen Zeiten in der Lage ist, jetzt den Fokus auf die Sicherung von Beschäftigung und Einkommen sowie den Gesundheitsschutz zu legen: „Unsere 'Solidar-Tarifverträge' leisten ein Beitrag zur Abfederung der Folgen von Corona und stärken den solidarischen Zusammenhalt. Die Tarifergebnisse liefern richtige Antworten auf die Herausforderungen, denen sich die Beschäftigten und die Unternehmen, in denen sie arbeiten, ausgesetzt sehen. In dieser besonders schwierigen Situation geht es darum, Entgeltverluste durch Kurzarbeit zu mildern, soziale Härten zu vermeiden und schnelle Lösungen zur Freistellung für die Kinderbetreuung zu finden“, sagt Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt.

Die Tarifabschlüsse für die beiden Tarifgebiete Niedersachsen und Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim sehen konkret vor:

  • Der ursprüngliche Entgelttarifvertrag läuft bis 31. Dezember 2020 weiter.
  • Regelungen zur Kurzarbeit, die den Nettoentgeltverlust mildern: Dies geschieht u.a. durch die Einrichtung eines betrieblichen Solidartopfes, in den die Arbeitgeber 350 Euro für jeden Vollzeitbeschäftigten einzahlen, Teilzeitbeschäftigte anteilig und Azubis 50 Prozent. Dieses Geld soll zur Aufzahlung von Kurzarbeitergeld im Betrieb eingesetzt werden.
  • Um darüber hinaus die Verluste beim Kurzarbeitergeld abzufedern, können tarifliche Sonderzahlungen, wie das Weihnachts- und Urlaubsgeld durch zwölf geteilt und auf das Monatsentgelt verteilt werden. Damit steigt das monatliche Einkommen und entsprechend das Kurzarbeitergeld. Die Beschäftigten sind unter dieser Voraussetzung vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt.
  • Bei Schließungen von Kitas und Schulen können Eltern mit Kindern bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres acht freie Tage für die Kinderbetreuung nehmen anstatt des tariflichen Zusatzgeldes. Zusätzlich erhalten Beschäftigte im Jahr 2020 für die Betreuung von Kindern – soweit kein Resturlaub oder Zeitguthaben genommen werden kann oder keine gesetzliche Regelung greift – zusätzlich fünf freie Tage ohne Anrechnung auf den Urlaub 2020, das Entgelt wird weitergezahlt.
  • Leiharbeitsbeschäftigte können nun ebenfalls in Kurzarbeit gehen. Bei der Berechnung der Höchstüberlassungsdauer werden Zeiten, in denen Leiharbeitsbeschäftigte Kurzarbeitergeld beziehen, nicht berücksichtigt. In diesem Fall verlängert sich die Höchstüberlassungsdauer um die Zeit der Kurzarbeit.

Beide Tarifverträge sehen eine Laufzeit bis zum 31.12.2020 vor. Nach dem Abklingen der Pandemie werden die Tarifgespräche über die Zukunftsthemen der Tarifrunde 2020 fortgesetzt. „Wir werden unsere Ziele, mit denen wir ursprünglich in die Tarifrunde gestartet sind, weiterverfolgen. Die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie müssen einen langfristigen sozial-ökologischen Wachstums- und Modernisierungspfad einschlagen.“

Darüber hinaus fordert Gröger in der aktuellen Corona-Pandemie die soziale Verantwortung der Arbeitgeber ein: „Viele Branchen und Unternehmen zeigen in der aktuellen Krise Verantwortung, indem sie bereits Tarifverträge zur Aufstockung bei Kurzarbeit abgeschlossen haben. „Dort wo dies noch nicht geschehen ist, fordern wir die Arbeitgeber auf, schnellstens auf unser Angebot zu entsprechenden Tarifverträgen einzugehen.

Auch die Politik ist in der Verantwortung, soziale Schieflagen zu vermeiden. Daher muss das Kurzarbeitergeld dringend aufgestockt werden. Bei der in dieser Krise typischen Komplettschließung von Werken und Büros, Einzelhandel, Gastronomiebetrieben und Hotels sowie tausenden Dienstleistern und Kleinbetriebe bedeutet dies für die Beschäftigten einen plötzlichen Einkommensverlust von 40 Prozent im Haushaltseinkommen. Dies führt für Millionen von Arbeitnehmerhaushalten bei laufenden Mieten und Verpflichtungen in existentielle Nöte. Besonders Niedrigverdienerinnen und Niedrigverdiener treffen die massiven Einkommensverluste hart.

Wir fordern die Bundesregierung auf, auch den Beschäftigten in Branchen und Unternehmen ohne Tarifbindung eine Mindestsicherung von mindestens 80 Prozent zu ermöglichen. Möglich wäre dies durch eine Verpflichtung der Arbeitgeber zur Weitergabe des Arbeitnehmeranteils an den erstatteten Sozialversicherungsbeiträgen an die Beschäftigten. Die Rechtsverordnung ist entsprechend zu korrigieren“, so Thorsten Gröger.

(Pressemitteilung des IG Metall Bezirks Niedersachsen und Sachsen-Anhalt)