Weiterhin mitgliederstärkste Geschäftsstelle – Metaller fordern aktive Industriepolitik

IG Metall Wolfsburg zieht Bilanz und blickt in die Zukunft

13.02.2025 | Wolfsburg/Gifhorn/Helmstedt – Das Jahr 2025 steht ganz im Zeichen der Bundestagswahl – eine Wahl, die Flavio Benites, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Wolfsburg, als „Richtungswahl für die Demokratie in Europa und die Zukunft unseres Industriestandorts“ bezeichnet. „Wir erwarten von den Arbeitgebern und der künftigen Bundesregierung, dass Industriearbeitsplätze nachhaltig gesichert werden. Darüber hinaus appellieren wir an die Menschen, sich gut über die Wahlprogramme der Parteien zu informieren und wählen zu gehen. Denn wir brauchen eine stabile Regierung mit demokratischen Parteien, damit unsere industriepolitischen Forderungen auch zum Gegenstand der Koalitionsverhandlung werden.“

Matthias Disterheft, Flavio Benites und Christian Matzedda (v.l.n.r.). Foto: Matthias Leitzke

Tarifverträge machen den Unterschied

Das vergangene Jahr hat bereits gezeigt, wie Tarifverträge und eine starke Mitbestimmung die Auswirkungen von Krisen abmildern können. „Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage konnten wir im zurückliegenden Jahr wichtige Tarifabschlüsse für unsere Mitglieder erzielen. Im Spätherbst sind zunächst die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie für bessere Entgelte auf die Straße gegangen. Bei Volkswagen konnten wir dank der großen Solidarität und Kampfbereitschaft der Belegschaften aller Standorte den vom Vorstand geplanten einen Kahlschlag verhindern. Unsere roten Linien wurden gehalten, wir haben eine Beschäftigungssicherung bis 2030. Dabei mussten wir Zugeständnisse machen. Aber wäre es nach Volkswagen gegangen, wären zeitnah ganze Werke geschlossen und Entlassungen im großen Stil ausgesprochen worden!“, so Christian Matzedda, Zweiter Bevollmächtigter.

Mit dem Abschluss bei VW ist die Arbeit jedoch nicht getan. „Bei der Umsetzung des Tarifvertrages müssen wir wachsam sein“, erklärt Benites. „Die Zusagen des Arbeitgebers müssen im Sinne der Belegschaft eingehalten werden. Die Zukunftsfähigkeit der Standorte muss durch Investitionen, Innovationen und die richtigen Produkte sichergestellt werden.“ 

Metaller fordern massive Investitionen

Damit die deutsche Industrie eine erfolgreiche Zukunft hat sind aber nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch die Unternehmen und vor allem die Politik gefragt. Zu viele Akteure in Politik und Wirtschaft greifen allerdings weiterhin auf die ollen Kamellen zurück: Sie wollen Sozialleistungen kürzen, die Märkte „entfesseln“, den Staat schwächen, Löhne senken. Mit Werkzeugen von gestern kann die Zukunft aber nicht gestaltet werden. 

Besonders in Umbruchzeiten wie diesen ist der Staat als aktiver Wegbereiter gefragt. Die nächste Bundesregierung muss den wirtschaftlichen Wandel von Anfang an mit aktiver Industriepolitik gestalten. „Dazu gehört nicht nur ein klares Bekenntnis zur Elektromobilität, sondern auch die Modernisierung der Infrastruktur: Nur durch massive Investitionen in digitale und physische Netze sowie in eine hochwertige Bildung bleibt die Region wettbewerbsfähig“, betont Matthias Disterheft, Kassierer und Geschäftsführer der IG Metall Wolfsburg. 

Ebenso dringlich sei die Beschleunigung von Genehmigungs- und Antragsverfahren. Dies sei entscheidend, damit Innovationen schneller umgesetzt werden können und der Fortschritt nicht an langwierigen Prozessen scheitert. Darüber hinaus dürfe die Schuldenbremse keine Zukunftsbremse sein – es brauche eine intelligente Finanzpolitik, die Innovationen und Investitionen fördert.

Matzedda: „Ein weiterer zentraler Punkt ist ein wettbewerbsfähiger Industriestrompreis, der sowohl die Transformation der Wirtschaft als auch die Sicherung des Standorts unterstützt. Wir brauchen deutlich stärkere Anreize für Forschung und Entwicklung. Eines ist klar: Deutschland und Europa müssen die Technologieführerschaft in Schlüsselfelder der Zukunft zurückgewinnen!“

Regionale Transformationsnetzwerke müssen fortbestehen

Von zentraler Bedeutung dafür – gerade auf regionaler Ebene – ist der Fortbestand der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten regionalen Transformationsnetzwerke über das Jahr 2025 hinaus. In diesen Netzwerken vernetzen sich Unternehmen, Beschäftigte, Gewerkschaften, Weiterbildungsträger und Wissenschaft, um Wertschöpfung und Arbeitsplätze vor Ort zu erhalten und zu schaffen. „Der Wandel gelingt nur mit konkreten Strategien vor Ort, beispielsweise durch den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur. Kooperationen bringen hier viele Vorteile“, weiß Disterheft.  

Über eine neue, zielgerichtete Industrie- und Handelspolitik hinaus braucht es aber auch eine faire Sozialpolitik, um den Rechtsruck in der Gesellschaft aufhalten zu können. Benites: „Wer glaubt, die Krisenlasten auf den Schultern von Beschäftigten abladen zu können und die Schwächsten in unserer Gesellschaft gegeneinander ausspielen will, der hat die IG Metall zum entschiedenen Gegner!“

Bundesweiter Aktionstag am 15. März

Um die Forderungen zu untermauern, mobilisiert die IG Metall daher für einen bundesweiten Aktionstag. In fünf Städten (Hannover, Frankfurt, Köln, Leipzig und Stuttgart) gehen am 15. März um 5 vor 12 zehntausende Metallerinnen und Metaller auf die Straße, um für eine gute Zukunft der Industrie zu kämpfen. Die Forderungen der IG Metall: Die Arbeitgeber müssen sich zu den hiesigen Standorten bekennen. Schluss mit Arbeitsplatzabbau, Standortschließungen und Verlagerungen! Und die neue Bundesregierung muss schnell und entschlossen handeln, die Bedingungen für die Industrie verbessern und soziale Sicherheit im Wandel garantieren.

Einer der Kundgebungsstandorte wird die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover sein. Hier wird unter anderem die Erste Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, sprechen. Musikalisch wird das Event von der Indie-Rock-Band Madsen aus dem Wendland begleitet. Die Abfahrtsorte für die Busse werden in den kommenden Tagen bekannt gegeben. Alle Interessierten, die mitfahren wollen, melden sich dann bei ihren Vertrauensleuten, Betriebsräten oder über die Homepage der IG Metall Wolfsburg an, um mitzufahren. 

Mitgliederentwicklung: IG Metall Wolfsburg bundesweit die Nummer Eins

Trotz des Strukturwandels im Raum SüdOstNiedersachsen und des Konzernumbaus bei Volkswagen befindet sich der Mitgliederstand der IG Metall Wolfsburg weiter auf einem hohen Niveau und ist nur leicht rückläufig. Mit rund 89.000 Mitgliedern ist Wolfsburg weiterhin die Nummer Eins unter den deutschen Geschäftsstellen – eine Zahl, die für sich spricht. Gründe für den leicht rückläufigen Mitgliederbestand sind die demografische Entwicklung, Arbeitsplatzabbau und der Wandel in der Arbeitswelt. 

Kompensiert werden kann diese Entwicklung nur durch einen starken Mitgliederzuwachs. 2025 traten deutlich mehr als 3000 Personen neu in die IG Metall ein – einer der besten Werte seit vielen Jahren. Besonders in der Entwicklungsdienstleisterbranche – nicht unbedingt das traditionelle Revier der Gewerkschaften – gewinnt die Wolfsburger IG Metall stetig an Mitgliedern hinzu.

Wichtig ist auch: Die IG Metall Wolfsburg bleibt jung, auch unter den Bedingungen, dass Ausbildungszahlen sinken. Der IG Metall und insbesondere ihren Jugend- und Auszubildendenvertreterinnen und -vertretern gelingt es Jahr für Jahr, nahezu alle neuen Auszubildenden zu gewinnen. Die Identifikation gerade der jungen Menschen mit ihrer Gewerkschaft ist stark ausgeprägt.

„Darüber hinaus muss es uns gelingen, mehr Metallerinnen und Metaller davon zu überzeugen, auch nach dem aktiven Berufsleben Mitglied zu bleiben: Eine Gewerkschaftsmitgliedschaft endet nicht mit dem Ruhestand“, so Disterheft. Rentnerinnen und Senioren bekommen alle Leistungen der IG Metall, wie zum Beispiel eine Rechtsberatung und Vertretung vor Gericht bei Streitigkeiten mit der Renten-, Kranken- oder Pflegeversicherung. Zusätzliche Sicherheit gibt es durch die Freizeitunfallversicherung. 

Langfristig erhofft sich die IG Metall Wolfsburg durch Mitgliederboni noch mehr Beschäftigte von einem Eintritt in die Gewerkschaft zu überzeugen. Disterheft: „Der letzte Tarifabschluss bei Volkswagen ist hier als Vorzeigemodell zu nennen, aber auch bereits zuvor wurden Haustarifverträge mit Mitgliederbonus zum Beispiel bei HCL und Brose Sitech vereinbart.“ 
 

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