IG Metall Wolfsburg: Gesetzesentwurf zu Werkverträgen und Leiharbeit nicht ausreichend

18.01.2016 | Wolfsburg - "Der von Arbeitsministerin Andrea Nahles vorgestellte Gesetzesentwurf gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen wird von der IG Metall als unzureichend bewertet", erklärt der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Wolfsburg, Hartwig Erb. Geplant ist die Neuregelung für Januar 2017. Die Gesetzesinitiative von Nahles soll den Einsatz von Leiharbeitern und Beschäftigten mit Werkvertrag strenger regulieren.

Hartwig Erb, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Wolfsburg

Vor allem sieht der Entwurf eine striktere Differenzierung zwischen fest im Betrieb angestellt, in Leiharbeit oder mit Werkvertrag vor. Positiv bewertet die IG Metall, dass Beschäftigte mit Werkvertrag während ihrer Beschäftigung nicht mehr zu Leiharbeitsbeschäftigten "umdeklariert" werden dürfen.
Leiharbeit ohne Tarifvertrag soll künftig auf 18 Monate begrenzt werden. Bei Anstellung mit Tarifvertrag will der Gesetzgeber jedoch keine Obergrenze vorgeben. Die IG Metall fordert, dass nicht nur der einzelne Arbeitnehmer, sondern der Arbeitsplatz als solcher in den Blick genommen werden soll. Andernfalls bestehe weiterhin das Problem der dauerhaften Besetzung von Arbeitsplätzen durch wechselnde Leiharbeitnehmer. "Durch Festlegung einer maximalen Überlassungsdauer von 18 Monaten wird allenfalls der Wanderzirkus manifestiert, den Leiharbeiter von Entleiher zu Entleiher mitmachen müssen", macht Erb deutlich.

Des Weiteren sieht der Gesetzesentwurf vor, dass Leiharbeiter nach 9 Monaten das gleiche Gehalt wie Beschäftigte der Stammbelegschaft erhalten. In punkto Leiharbeit kann der Betriebsrat bereits heute Einfluss nehmen, denn hier gelten die Bestimmungen und Tarifverträge des Unternehmens vor Ort.
Um auch die Beschäftigten mit Werkvertrag besser schützen zu können, sieht die Neuregelung ein Informationsrecht für den Betriebsrat vor, welches jedoch nicht mit einem Mitbestimmungsrecht gleichzusetzen ist. An dieser Stelle kritisiert die IG Metall vor allem, dass der Entwurf nicht den Erwartungen entspricht, da die Mitbestimmung der Betriebsräte nicht ausreichend erweitert würde. Mangelhaften Arbeitsbedingungen und Missbrauchsfällen bei Werkverträgen trete das Gesetzesvorhaben ebenfalls nicht genug entgegen.

In Wolfsburg setzt sich die IG Metall aktuell verstärkt für die Kontraktlogistiker ein. Auch in diesem Dienstleistungsbereich werden Beschäftigte vorwiegend mittels Werkvertrag eingestellt.

Die Logistikfirmen beschränken sich schon lange nicht mehr darauf Teile und Komponenten an die Werkshallen zu fahren. Die Angebotspalette der Firmen umfasst vielmehr klassische Aufgaben eines Produktionsbetriebes, vom Materiallager bis hin zur Vormontage kompletter Komponenten.

"Entsprechend hoch sind die Anforderungen an die Qualifikation, das Know-how, die Flexibilität und die Belastbarkeit der Beschäftigten aus der Kontraktlogistik", erläutert Erb.

Für die Beschäftigten des Wolfsburger Logistikunternehmens CEVA konnte im letzten Jahr der erste große Erfolg erzielt werden. Hier wurden ab dem 1. Januar 2016 die wöchentliche Arbeitszeit gekürzt und die Stundenentgelte erhöht. Mit Hansmann Logistics hat sich die IG Metall Wolfsburg bereits dem nächsten Unternehmen angenommen. Hier wird das Angebot der Arbeitgeber erwartet.

Nicht nur im Bereich Logistik stellt sich die IG Metall Wolfsburg neu auf. Ein weiterer Bereich, der oft von Industrieunternehmen ausgelagert wird, betrifft die Ingenieurinnen und Ingenieuren von Entwicklungsdienstleistern. Erb verdeutlicht: "Die Welt dieser Angestellten ist gekennzeichnet durch Beruflichkeit und Karriere. Die Unternehmen, in denen sie arbeiten, verfügen in der Regel über eine Vielzahl an Standorten. Diese Zulieferer stellen ihre Dienstleistungen immer häufiger im Rahmen von Werkverträgen bereit. Ihre Beschäftigen sind oftmals direkt beim Kundenbetrieb vor Ort im Einsatz."

Bei den Entwicklern setzt IG Metall Wolfsburg auf Erfahrung: Der seit Jahren von der IG Metall Wolfsburg betreute Dienstleister IAV - Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr - gehört mittlerweile zu den weltweit umsatzstärksten der Branche. Bereits seit Mitte der 80er Jahre setzt das Unternehmen auf Mitbestimmung und tarifliche Regelungen. Mit einem Metall-Tarifvertrag bei einem Ingenieurdienstleister war IAV Vorreiter in einer bis dahin praktisch "tariffreien" Branche. Auch im vergangen Jahr konnte mehr Gehalt für die Beschäftigten und erstmalig eine Regelung für Altersteilzeit erzielt werden.

Die IG Metall hat in der Branche ein Netzwerk aufgebaut, um Beschäftigte bei der Gründung von Betriebsräten zu unterstützen. In den nächsten Jahren sollen weitere Ingenieursdienstleister mit rund 5.000 Mitarbeitern im Raum Wolfsburg erschlossen werden. Auf der Liste stehen unter anderem Unternehmen wie Bertrandt, Volke und H&D.

Zum Gesetzesentwurf von Andrea Nahles, um prekäre Beschäftigung einzudämmen, erklärt Erb abschließend: "Der bisherige Referentenentwurf geht in die richtige Richtung, ist aber unzureichend. Wie bereits im Koalitionsvertrag verabredet, erwarten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Bundesregierung, dass dem Missbrauch ein Ende gesetzt und die betriebliche Mitbestimmung gestärkt wird.

Wenn Unternehmen Fremdvergaben machen, müssen die Verträge anständig sein. Als IG Metall Wolfsburg werden wir weiterhin daran festhalten Logistiker und Ingenieure zu mobilisieren."