10.04.2025 | Um „50 Jahre Bildungsurlaub“ gebührend zu feiern, war die IG Metall Wolfsburg am vergangenen Wochenende in der Wolfsburger Innenstadt unter dem Glasdach präsent, um ihr Angebot vorzustellen und rund um das Thema Erwachsenenbildung zu informieren. Neben dem Referentenarbeitskreis waren auch die Wohnbezirke mit von der Partie.
Am Stand der IG Metall Wolfsburg in der Fuzo, informierte der Referentenarbeitskreis über die Vorzüge eines Bildungsurlaubes: Denn im Jahr 1975 trat in Niedersachsen das Bildungsurlaubsgesetz in Kraft. Dieses bietet Arbeitnehmer*innen die Möglichkeit einer mehrtägigen, bezahlten Freistellung zu Weiterbildungszwecken – egal ob beruflich, politisch oder allgemein. Vorausgegangen waren wie so oft harte Auseinandersetzungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Einen Anspruch auf Bildungsurlaub haben heute die Beschäftigen aus allen deutschen Bundesländern mit Ausnahme von Bayern und Sachsen.
Das Recht auf Bildungsurlaub ist inzwischen zwar 50 Jahre alt, hat aber an Aktualität und Bedeutung nichts verloren, die Bedeutung von Bildungsurlaub ist inzwischen auch von den meisten Arbeitgebern und ihren Verbänden akzeptiert. Denn die Vorteile liegen auf der Hand, wie auch Kati Zenk, Politische Sekretärin für Bildung bei der IG Metall Wolfsburg, weiß. Zenk erklärt: „Wir leben in einer modernen, sich schnelle wandelnden Wissensgesellschaft. Trends wie Digitalisierung und Globalisierung stellen uns vor immer neue Herausforderungen. Weiterbildung und lebenslanges Lernen sind von zentraler Bedeutung, um den Anforderungen der neuen Arbeitswelt gerecht zu werden. Bildungsurlaub vermittelt zudem auch soziale und politische Kompetenzen, trägt somit zu einer aufgeklärten Gesellschaft bei, fördert Teilhabe und unsere Demokratie. Ein Faktor, der angesichtsder aktuellen politischen Entwicklungen heute vielleicht wichtiger ist denn je.“
Nicht zu unterschätzen ist zudem der gesundheitliche Aspekt. Zenk: „Die Krankentage aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen oder psychischen Belastungen steigen stetig. Gründe dafür sind unter anderem der wachsende Leistungsdruck oder eine gestörte Work-Life-Balance. Bildungsurlaub kann hier positiv wirken, indem Teilnehmende in den Seminaren Stress abbauen, resilienter werden oder lernen, präventiv mit Belastungen umzugehen. In diesem Bereich kooperiert die IG Metall Wolfsburg mit dem Institut für Gesundheitsprävention der Universität Göttingen in Wolfsburg, um wissenschaftliche Erkenntnisse zu erhalten.“
Das Angebot an Seminaren und Bildungsurlauben ist dementsprechend riesig und vielfältig. Die IG Metall Wolfsburg mit ihrem Pool von rund 80 Referent*innen gehört zusammen mit Partner*innen wie zum Beispiel der Bildungsvereinigung Arbeit und Leben zu den größten Anbietern von Bildungsurlauben in Niedersachsen. Und obwohl prinzipiell jede*r Beschäftigte Anspruch hat, ist noch viel Luft nach oben. Bundesweit nehmen jährlich nur rund 1,5 Prozent der Beschäftigten an einem Bildungsurlaub teil. Übrigens: Auch hier zeigt sich die enge Beziehung zwischen Bildungsurlaub und Gewerkschaften. Denn in Betrieben mit starker Mitbestimmung und starken Betriebsräten machen deutlich mehr Beschäftigte von ihrem Recht Gebrauch.
Was ist Bildungsurlaub?
Für einen Bildungsurlaub müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeiter*innen bezahlten Urlaub für eine Weiterbildung geben. Bildungsurlaub wird zusätzlich zum regulären Urlaubsanspruch gewährt.
Welche Seminare darf ich für einen Bildungsurlaub besuchen?
Der Inhalt der Fortbildung muss nicht in direktem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen. Das Spektrum reicht von Sprachkursen über konkrete fachliche Fortbildungen bis zu politischen Seminaren oder persönlichkeitsbildenden Kursen. Voraussetzung für die Freistellung ist, dass der Kurs als Bildungsurlaub anerkannt ist.
Wer zahlt den Bildungsurlaub?
Während des Bildungsurlaubs zahlt der Arbeitgeber den Lohn bzw. das Gehalt weiter, wie bei einem regulären Urlaub. Die Kursgebühren, Ausgaben für Lehrmittel sowie Kosten für Fahrten und
Unterkunft muss der/die Beschäftigte tragen, kann sie aber steuerlich geltend machen.
Wie hoch ist der Anspruch auf Bildungsurlaub?
In Niedersachsen haben Arbeitnehmer*innen Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub pro Jahr beziehungsweise auf zehn Tage in zwei Jahren.
Wie beantrage ich Bildungsurlaub?
Suche dir einen Anbieter und wähle ein passendes Seminar. Der Veranstalter sendet dir dann in der Regel Unterlagen für die Beantragung beim Arbeitgeber zu. Führe diese mindestens vier Wochen bevor der Bildungsurlaubsseminar beginnt durch. Lehnt dein Arbeitgeber deinen Antrag ab, muss er dir das innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Antrag schriftlich mitteilen. Tut er dies nicht, gilt der Bildungsurlaub als genehmigt.
Kann der Arbeitgeber ablehnen?
Dein Arbeitgeber kann deinen Antrag auf Bildungszeit nur ablehnen, wenn im beantragten Zeitrahmen zwingend betriebliche oder dienstliche Belange oder Urlaubsansprüche von Kollegen, die unter sozialen Gesichtspunkten Vorrang verdienen, anstehen. Oder wenn mehr als 50 Prozent der Beschäftigten eines Betriebs pro Jahr Bildungsurlaub in Anspruch genommen
haben. Wenn dein Antrag auf Bildungsurlaub im letzten Kalenderjahr abgelehnt wurde, kann dein Anspruch auf Bildungsurlaub dir in diesem Jahr nicht versagt werden.