Versammlungen vor dem Gewerkschaftshaus und bei VW

Aktionstag gegen den Missbrauch von Werkverträgen

24.09.2015 | Wolfsburg - Die IG Metall Wolfsburg rief zum Aktionstag gegen den Missbrauch von Werkverträgen auf. Rund 500 Metallerinnen und Metaller versammelten sich vor dem Gewerkschaftshaus sowie bei Volkswagen, um ihre Forderungen kund zu tun.

Fotos: Matthias Leitzke

Jutta Ehlers

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Der Erste Bevollmächtigte Hartwig Erb, machte deutlich, dass es nicht um die Abschaffung von Werkverträgen an sich geht. Zukünftig müsse aber eine eindeutige Unterscheidung zwischen Scheinwerkverträgen und echten Werkverträgen möglich sein.

Erb forderte die Bundesregierung auf, die Gesetzeslage zu ändern: "Momentan müssen Arbeitnehmer vor Gericht immer noch beweisen, dass ein vollwertiges Arbeitsverhältnis mit allen Rechten vorliegt. Eine Umkehr der Beweislast ist zwingend erforderlich. Sobald die Unternehmen selbst aufzeigen müssen, dass sie einen rechtmäßig gültigen Werkvertrag abgeschlossen haben, wird sich die Situation der Kolleginnen und Kollegen eindeutig verbessern. Der Missbrauch von Werkverträgen muss durch verschärfte Kontrollen eingedämmt werden."

Komme der Gesetzgeber hier nicht seiner Verantwortung nach, würden Industriebetriebe weiterhin Lohndumping unter dem Deckmantel von Werkverträgen betreiben. "Es kann nicht angehen, dass große Unternehmen Gewinne maximieren, die lediglich einer Minderheit zu Gute kommen. Einsparungen jedoch werden aber auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen", erklärte Erb.

Jutta Ehlers, Politische Sekretärin für das Thema Logistik, machte deutlich, dass die Arbeitsbedingungen bei Automobilzulieferern in Wolfsburg oft unzumutbar sind.

Es gibt zwei Seiten einer Medaille: "Logistikfirmen müssen gehaltvolle Tarifverträge nach Maßstäben der IG Metall abschließen. Volkswagen hingegen muss bei seiner Vergabepraxis Tarifverträge im Sinne eines Gütesiegels berücksichtigen. Die Auftragsvergabe darf sich nicht nur auf die Rendite stützen, sondern muss auch den für Volkswagen stehenden Begriff "Gute Arbeit" mit einschließen." Volkswagen baue gute Autos. Qualität aber habe seinen Preis und spiegle sich in Arbeitsbedingungen wieder, sagte Ehlers.
Die IG Metall Wolfsburg hat zunächst die Logistikbetriebe Ceva und Hansmann erschlossen, indem sie viele Mitglieder für sich gewinnen konnte. Ehlers geht nun von einer Tarifbewegung in Wolfsburg mit Ausstrahlkraft aus.

Die Solidarität der Volkswagen Belegschaft bekundete der IG Metall Vertrauenskörperleiter, Frank Paetzold: "Wir wollen niemanden außen vor lassen, auch die Logistiker nicht." Eine Lohnsteigerung von 2 Euro in den letzten 15 Jahren sei nicht hinnehmbar.

Beispiele aus der Praxis lieferte Ingolf Meyer, Mitglied des Betriebsrates bei Ceva Logistics: "Viele Beschäftigte arbeiten 39 Stunden in der Woche in drei Schichten - zusätzlich auch am Wochenende - und haben nur 27 Tage Urlaub." Im Schnitt liege das Gehalt seiner Kolleginnen und Kollegen bei 10,18 Euro pro Stunde. "Monatlich erhält ein Logistiker zwischen 1200 und 1400 Euro netto." Altersarmut sei hier vorprogrammiert, erläuterte Meyer. Er erklärte, dass Logistikdienstleister wie Schrauben und Putzlappen eingekauft und als Sachkosten verbucht würden.

Elke Merkel, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates von Schnellecke Logistics aus Sachsen berichte von Tarifverhandlungen, die 36 Stunden andauerten. Sie machte den Wolfsburgern aber auch Mut, indem sie von Erfolgen bei Logistikdienstleistern für Porsche und BMW berichtete. "30 Tage Urlaub sind nun bei uns Standard." Merkel machte klar: "Unser Organisationsgrad ist ein Machtfaktor." Als Vorreiter konnte die IG Metall in Zwickau bedeutende Tariferfolge erzielen. Nun sei Wolfsburg an der Reihe. Sie appellierte an die Logistiker: "Organisiert Euch. Es lohnt sich."