3000 Werkstudenten arbeiten in den Ferien am Band - IG Metall knüft erste Kontakte

Werkhalle statt Strand

04.07.2014 | Rund 300 junge Leute sitzen gespannt auf den Stühlen. Im Wolfsburger VW-Werk herrscht Hörsaal-Atmosphäre. Statt die Sonne am Strand zu genießen, werden die Studenten erste Erfahrungen im Arbeitsalltag sammeln. Sie gehören zu den mehr als 3000 Werkstudenten, die Volkswagen allein in Wolfsburg während der Werksferien einsetzt, um die Produktion am Laufen zu halten.

Rund 3000 Werkstudenten werden die Produktion im Wolfsburger Volkswagenwerk während der Sommerferien tatkräftig unterstützen. Anlass genug für die IG Metall, um die neuen Kollegen in Empfang zu nehmen.

Christin Kriegl, Alicja Dereszkiewicz, Stefanie Gerlach (von links) erhalten im Sektor 13 ihren Vertrag für einen Ferienjob im VW-Werk.

Volkan Dönmez aus Peine überlegt noch, ob er der IG Metall beitritt. Fotos: IG Metall

Im Sektor 13 erhalten sie ihren Vertrag von der AutoVision Zeitarbeit. Die IG Metall nutzt die Gelegenheit, um den Studenten den Gewerkschafts-Gedanken näherzubringen.

Markus Großmann, politischer Sekretär der IG Metall Wolfsburg, hat sich gut vorbereitet. In mehreren Sprachen begrüßt er die Studenten, die aus der ganzen Welt in die Region zum Studieren gekommen sind.

Parolen und Forderungen genügen nicht

Alicja Dereszkiewicz studiert in Salzgitter an der Fachhochschule Tourismusmanagement. Die 29-Jährige hat schon dreimal einen der begehrten Ferienjobs bei VW in der Montage erwischt. "Nach dem Studium würde ich gern bei Volkswagen im Bereich Business-Travel arbeiten", sagt sie. Vor dem Studium hat sie schon Berufserfahrung als PTA gesammelt, von Gewerkschaften wisse sie allerdings nicht viel.

Markus weiß, dass die meisten der Studenten und Schüler ähnlich wie Alicia wenig über die IG Metall wissen. "An der Uni und an den Schulen sind Gewerkschaften leider selten ein Thema", sagt er. Mit bloßen gewerkschaftlichen Forderungen und -Parolen könne er die Werkstudenten kaum erreichen. Er selbst hatte zunächst eine Lehre bei Volkswagen abgeschlossen, war Vertrauensmann und in der JAV aktiv. Danach absolvierte er ein Studium der Elektrotechnik. Er kennt also beide Seiten.

IG Metall in 15 Minuten

Gerade mal 15 Minuten hat Markus Zeit, den Studenten die IG Metall näherzubringen. Er beginnt mit einem kleinen Abstecher in die Geschichte, erinnert daran, dass VW seine Wurzeln im Nationalsozialismus hat. Nach dem Krieg sorgte die britische Besatzung, namentlich Major Ivan Hurst, für den Erhalt der Autofabrik. Mitbestimmung spielte schon bald eine gewichtige Rolle.

Christin Kriegl (24) studiert Wirtschaftswissenschaften in Magdeburg, und auch sie würde später gern bei Volkswagen arbeiten. An der Uni habe sie von einem Vertreter der IG Metall schon mal etwas gehört, noch sei eine Mitgliedschaft für sie aber nicht interessant, meint die junge Frau.

Direkte Vorteile für Studenten

Markus hat allerdings auch für Christin viele neue Informationen: "Auch der Lohn und die anderen Bedingungen für die Werkstudenten sind in einem Tarifvertrag mit der IG Metall ausgehandelt worden", erklärt Markus den jungen Leuten einen direkten Vorteil, den sie jetzt schon durch die IG Metall haben.

"Wir brauchen euch, und ihr braucht uns", argumentiert der Metaller. "Nur eine starke Gemeinschaft kann gute Löhne und Arbeitsbedingungen durchsetzen", erinnert er. Und er hat für die Studenten noch mehr zu bieten: Die starke Vernetzung der Gewerkschaft kann bei der Suche nach Praktikumsplätzen ebenso helfen wie bei der Jobsuche.

"Das ist interessant, gerade jetzt zum Ende des Studiums werde ich mir doch überlegen, ob ich Mitglied werde“, sagt Alicia nach dem Vortrag. Volkan Dönmez (23), der in Wolfenbüttel Maschinenbau studiert, sieht es ähnlich: "Die Gewerkschaft setzt sich schon für Studenten ein, da kann man schon hingehen, in einer Gemeinschaft kann man ja etwas bewegen", sagt der Peiner. Und er fügt hinzu: "Ein Job bei VW, das wäre eine gute Chance für die Zukunft."

Gemeinschaft kann bewegen

Da hat Volkan sicher recht, bei Weitem nicht alle Arbeitgeber bieten soviel Sicherheit wie Volkswagen. "Das größte Argument für die Mitgliedschaft in der IG Metall liegt in der Zukunft – die Arbeitsplatzsicherheit", betont denn auch Markus in seinem Vortrag.

Viele junge Akademiker bekommen Werkverträge angeboten, die nur bedingt Sicherheit bieten. Mehr als 30 Prozent der Erwerbstätigen unter 35 Jahren arbeiten in prekären Arbeitsverhältnissen. Die Perspektiven für Berufseinsteiger unter 24 Jahren sind noch schlechter: Vier von zehn (39 Prozent) haben lediglich ein befristetes Arbeitsverhältnis. Die IG Metall bekämpft Zeitarbeit und Werkverträge ebenso wie zu niedrige Stundenlöhne für Berufseinsteiger.

Monatsbeitrag 2,05 Euro

Andreas Keuch aus Burgdorf bei Hannover ist von dem Vortrag ganz beeindruckt: "Finde ich gut, das waren viele neue Informationen", sagt er. Als Schüler wolle er aber noch nicht eintreten. Auch Christin bleibt zunächst zurückhaltend. Auch wenn sie als Studentin eine Mitgliedschaft nur 2,05 Euro monatlich kosten würde. "Ich muss noch überlegen, im Moment werde ich wohl noch nicht eintreten. Aber der Vortrag ist interessant", sagt sie.

Benjamin Küster-Claus (26) sieht das anders. Der Isenbütteler studiert Internationales Management in Magdeburg und ist längst Mitglied in der IG Metall: "Ich habe vor dem Studium schon im Werk gearbeitet", sagt er.

Viele Vorteile

Und im Werk hat er die Vorteile der IG Metall von vielen Kollegen und Kolleginnen hautnah erfahren, immerhin sind mehr als 90 Prozent der VW-Belegschaft in der IG Metall organisiert – ob mit oder ohne Studium. "Die guten Bedingungen bei  Volkswagen sind nicht vom Himmel gefallen", erinnert Gewerkschaftssekretär Markus.