1,8 Milliarden Überstunden – und ein "Wirtschaftsweiser" fordert "flexiblere Arbeitszeiten"?

14.11.2017 | Wolfsburg - Der "Wirtschaftsweise" Christoph Schmidt will den 8-Stunden-Tag abschaffen, weil wir "flexibler" arbeiten sollen. Und das, obwohl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland im letzten Jahr 1,8 Milliarden Überstunden geleistet haben - die Hälfte davon unbezahlt. "Schmidt ist ganz und gar nicht weise, wenn er glaubt, dass in Deutschland starr von nine-to-five gearbeitet wird", sagt der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Wolfsburg, Hartwig Erb.

Foto: Sachverständigenrat. Bildtext: DGB.

Warum nicht endlich mal mehr Flexibilität zugunsten der Arbeitnehmer?

"Die zunehmenden flexiblen Arbeitsformen kommen oft einseitig nur den Arbeitgebern entgegen, davon brauchen wir nicht mehr, sondern weniger, und schon gar keine Änderung des Arbeitszeitgesetzes. Was wir benötigen, ist mehr Flexibilität, die Arbeitnehmern zugutekommt - wie zum Beispiel, dass Arbeitszeiten präzise erfasst und bezahlt werden, wenn Beschäftigte außerhalb der Büros online arbeiten", macht Erb deutlich.

"Wer das Arbeitszeitgesetz aufweicht, fordert die Verlängerung der Arbeitszeiten." Die IG Metall fordert in der anstehenden Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie für alle Beschäftigten die Möglichkeit, die eigene Arbeitszeit zu verkürzen. Die individuelle Wochenarbeitszeit soll auf bis zu 28 Stunden reduziert werden können, um der Erziehung von Kindern und Pflege von Eltern gerecht zu werden. Zudem soll es einen Entgeltausgleich und ein Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit geben.

"Schmidt sollte einmal einen Blick in das Arbeitsschutzgesetz werfen - mit dem dort wiederholt nachgewiesenen wissenschaftlichen Beleg, dass nach 8 Stunden die Unfallquote steigt und die Effizienz sinkt. Wenn Herr Schmidt meint, seine E-Mails während des Frühstücks lesen zu müssen, dann kann er das mit seiner Frau am Frühstückstisch diskutieren."